Politik

Reform soll Blockade des Bundesverfassungsgerichts verhindern

  • Dienstag, 23. Juli 2024
Marco Buschmann (FDP, M), Bundesminister der Justiz, spricht bei der Pressekonferenz zur Stärkung der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts. Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP haben sich mit der Union auf eine Reform für einen besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor Extremisten geeinigt. /picture alliance, Britta Pedersen
Marco Buschmann (FDP, M), Bundesminister der Justiz, spricht bei der Pressekonferenz zur Stärkung der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts. Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP haben sich mit der Union auf eine Reform für einen besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor Extremisten geeinigt. /picture alliance, Britta Pedersen

Berlin – Die Ampelfraktionen und die Union haben sich darauf geeinigt, die Zahl der Richter und der Senate sowie weitere zentrale Vorgaben zur Struktur des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Grundgesetz zu ver­ankern. Damit wollen sie nach eigener Aussage die Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des Gerichts auch in stürmischen Zeiten sicherstellen.

Denn bisher wären Änderungen, die das Risiko einer Blockade oder einer politischen Instrumentalisierung bergen, theoretisch mit einer einfachen Mehrheit im Bundestag möglich. Für eine Änderung oder Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes ist dagegen immer eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bun­desrat erforderlich. Das Gericht hat 16 Richter und zwei Senate.

Eine Öffnungsklausel soll auch dafür sorgen, dass bei der Wahl neuer Richter das jeweils andere Wahlorgan einspringen kann, wenn es im Bundestag oder im Bundesrat über einen längeren Zeitraum keine Zweidrittel­mehrheit für einen Kandidaten geben sollte. An dem Grundsatz, dass die Mitglieder des Bundesverfassungs­gerichts jeweils zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt werden, soll aber festgehalten werden.

Die geplante Reform ist das Ergebnis vertraulicher Beratungen von Vertretern der Fraktionen von SPD, Grü­nen, FDP und CDU/CSU.

„Das Bundesverfassungsgericht ist Schutzschild der Grundrechte, aber sein eigener Schutzschild braucht noch mehr Widerstandskraft“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Er glaube, dass man nun einen rechtlichen Mechanismus habe, dass ein einfacher Gesetzgeber nicht übergriffig und destruktiv die Arbeits­weise des Bundesverfassungsgerichts „behindern und beschädigen“ könne.

Johannes Fechner (SPD) betonte, man müsse den Rechtsstaat besser gegen Verfassungsfeinde absichern. Man wolle Szenarien wie in Ungarn und Polen verhindern, wo durch neue Senate oder die Absenkung von Alters­grenzen Verfassungsgerichte lahmgelegt worden seien.

Konstantin von Notz (Grüne) erklärte, es gebe „jeden Tag Angriffe gegen die Demokratie“. „Es gibt Parteien, die den Laden brennen sehen wollen, die das Vertrauen in die Institutionen schwächen wollen“, sagte er. Dem müsse man etwas antgegensetzen. Es gehe dabei um die Frage, wie das Bundesverfassungsgericht arbeits­fähig bleiben könne, „auch wenn es in den Parlamenten gerade schwierig ist“.

Es sei gut, dass ein Mechanismus gefunden worden sei, um etwaige Blockaden bei Verfassungsrichterwahlen zu verhindern, sagte der Justiziar der Unionsfraktion, Ansgar Heveling. „Damit ist das Bundesverfassungs­ge­richt auch für stürmische politische Zeiten gerüstet.“

Die Verankerung der Stellung des Gerichts in der Verfassung selbst diene der Stärkung der Unabhängigkeit der Verfassungsgerichtsbarkeit, hieß es in einem gemeinsamen Papier der vier Fraktionen.

Dass dies notwendig sei, begründen die beteiligten Parlamentarier nicht etwa mit dem Auftauchen neuer Parteien wie der AfD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Vielmehr verweisen sie auf Bestrebungen „in einzelnen europäischen Ländern“, die darauf gerichtet seien beziehungsweise waren, die Unabhängigkeit der Justiz infrage zu stellen.

Unter anderem Erfahrungen aus Polen wurden in die Überlegungen einbezogen. In Polen hatte die mittler­weile abgewählte nationalkonservative PiS-Regierung, die das Land von 2015 bis 2023 führte, gleich nach ihrem Antritt damit begonnen, das Justizwesen nach ihren Vorstellungen umzubauen.

dpa/may

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