Regierung will Intensivmedizin in Messung des Pflegepersonalbedarfs einbeziehen

Berlin – Die Bundesregierung will die Einführung der Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) auch auf den Bereich der Intensivmedizin ausweiten und zudem ein Verfahren zur Weiterentwicklung des Systems vorschreiben, an dem auch Ärzteschaft und Pflege beteiligt werden sollen. Das geht aus einem Änderungsantrag zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz hervor, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
Zugleich will sie die von der Vorgängerregierung in Auftrag gegebene Ausgestaltung eines Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstruments im Krankenhaus – die sogenannte „Personalbemessung in der Pflege im Krankenhaus“ (PePiK) – aus dem Sozialgesetzbuch V (SGB V) streichen. Stattdessen soll ein Verfahren implementiert werden, das auf der PPR 2.0 aufsetzt.
Mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz soll das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ermächtigt werden, bis spätestens 30. November 2023 mittels einer Rechtsverordnung „Vorgaben zur Ermittlung des Pflegepersonalbedarfs und zur Festlegung der Personalbesetzung in der unmittelbaren Patientenversorgung“ zu machen, die die Krankenhäuser ab dem 1. Januar 2024 erfüllen sollen.
Zuvor soll die PPR 2.0 in einem dreimonatigen Pilotverfahren einem Praxistest unterzogen werden. Ab 2025 sollen die Krankenhäuser dann Strafzahlungen leisten müssen, denen es nicht gelungen ist, so viele Pflegekräfte einzustellen, um den gemessenen Bedarf zu decken.
Bedarfsbemessung in der Intensivmedizin erproben
Zunächst soll das BMG ermächtigt werden, spätestens bis zum 31. Januar 2023 eine fachlich unabhängige wissenschaftliche Einrichtung mit der Erprobung eines Konzepts zur Ermittlung einer angemessenen Personalausstattung auf bettenführenden Stationen der nicht intensivmedizinischen somatischen Versorgung von Erwachsenen und Kindern zu beauftragen. Der Abschlussbericht soll bis zum 31. August des Jahres vorliegen.
Im Anschluss soll das BMG seine Rechtsverordnung bis zum 30. November 2023 vorlegen, in der sie die genaue Ausgestaltung des Pflegebedarfsbemessungsverfahrens festlegt. Neu ist, dass dabei auch Vorgaben für den Bereich der Intensivmedizin gemacht werden sollen.
Vor diesem Hintergrund sollen die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der GKV-Spitzenverband und der PKV-Verband bis zum 31. Mai 2023 einen gemeinsamen Vorschlag für geeignete Personalbemessungsverfahren in der Pflege auf bettenführenden Stationen der intensivmedizinischen somatischen Versorgung unterbreiten.
„Dabei kann es sich um das von der DKG, dem Deutschen Pflegerat und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) vorgeschlagene Bemessungssystem INPULS oder weitere Verfahren handeln“, heißt es in der Begründung des Änderungsantrags. Das Verfahren soll von DKG, GKV-Spitzenverband und PKV-Verband bis zum 31. Dezember 2023 erprobt werden.
Ebenfalls neu ist, dass die drei Verbände erstmals bis zum 31. Juli 2024 ein System zur Weiterentwicklung der PPR 2.0 vorschlagen sollen. An der Erarbeitung dieser Vorschläge sollen sich auch weitere Akteure des Gesundheitswesens beteiligen, zum Beispiel der Deutsche Pflegerat oder die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Das BMG soll die Vorschläge prüfen und kann sie in einer Rechtsverordnung berücksichtigen.
„Insbesondere die Pflegeverbände haben in der Anhörung deutlich gemacht, dass die PPR 2.0 als Startpunkt einer Entwicklung zu verstehen ist und es einer steten Aktualisierung und Verbesserung bedarf, um ein zeitgemäßes und umfassendes Personalbemessungsinstrument in der Pflege sicherzustellen“, heißt es zur Begründung.
„Schwerpunkte der Weiterentwicklung sind dabei mindestens auf die drei Themenbereiche Standardisierung, digitale Anwendung sowie Abbildung einer bedarfsgerechten personellen Zusammensetzung des Pflegepersonals auf der Grundlage der beruflichen Qualifikationen des Pflegepersonals (Qualifikationsmix) zu legen.“
Zudem seien Vorschläge für eine standardisierte, möglichst einheitliche Anwendung der Vorgaben zur Ermittlung der Soll-Personalbesetzung vorzulegen, um unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten vor allem hinsichtlich der Einordnung des Pflegebedarfs vorzubeugen.
Auch sei zu prüfen, wie die Erfassung der Ist- und Soll-Personalbesetzung möglichst aufwandsarm gestaltet und weitestgehend aus bereits vorhandenen, insbesondere digital erfassten Daten abgeleitet werden könne. Zudem könne die vorgelegte PPR 2.0 einen bedarfsgerechten Qualifikationsmix bislang nicht abbilden, sodass im Rahmen der Weiterentwicklung insbesondere diese Thematik vertieft bearbeitet werden sollte.
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