Politik

SARS-CoV-2: Ausreichend Impfstoff für Deutschland geordert

  • Montag, 11. Januar 2021
/picture alliance, Jan Woitas
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Berlin – Mit den von der Europäischen Kommission bestellten Impfstoffdosen von Biontech/Pfizer, Mo­derna und Astrazeneca können in Deutschland alle Menschen grundsätzlich gegen SARS-CoV-2 geimpft werden. Das geht aus Daten hervor, die das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) kürzlich dem Ge­sundheits­aus­schuss des Bundestags vorgelegt hat. Das Papier liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.

Demnach erhält Deutschland mindestens 60 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer (33 Millionen Anwen­dungen), 50 Millionen Dosen von Moderna (25 Millionen Anwendungen) sowie 56 Millionen Dosen von Astrazeneca (28 Millionen Anwendungen). Zusammengerechnet wären damit etwa 86 Millionen Anwen­dun­­gen in Deutschland möglich.

Die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna haben für die Europäische Union eine Zulassung erhal­ten. Die Zulassung des Impfstoffes von Astrazeneca könnte in Kürze folgen. Das Ministerium schreibt in dem Papier, dass das für die Zulassungsentscheidung essentielle klinische Datenpaket am 21. Dezember 2020 bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eingereicht worden ist. Derzeit werde es von der Prüfbehörde bewertet.

Die ermittelte Wirksamkeit würde aus Sicht des BMG für eine Zulassung ausreichen. Die Wirksamkeit des Impfstoffes von Astrazeneca liegt mit rund 70 Prozent deutlich niedriger als bei den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna, die bei rund 95 Prozent liegen. Unklar ist weiterhin, wie lange der Schutz des Impfstoffes gegen die Lungenerkrankung COVID-19 vorhält. Das muss noch in Studien untersucht werden.

Das Ministerium hat neben den drei Impfstoffen noch weitere Bestellungen über die EU ausgelöst. Von Johnson & Johnson sind 37 Millionen Dosen (37 Millionen Anwendungen) geordert. Von Sanofi/GSK mindestens 56 Millionen Dosen (mindestens 28 Millionen Anwendungen) und von Curevac mindestens 41 Millionen Dosen (26,5 Millionen Anwendungen) bestellt.

Darüber hinaus hat die Bundesregierung offenbar auch nationale Abnahmeverträge ausgehandelt. In dem Papier werden 30 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer, bis zu 20 Millionen Dosen von Curevac so­wie fünf Millionen Dosen von IDT Biologika, aufgeführt. In einer Antwort des BMG auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblatts, erklärte die Behörde, auch nationalen Verhandlungen mit Moderna zu führen. IDT Biologika wird in der Antwort nicht mehr ale Verhandlungspartner erwähnt.

Die Europäische Kommission hat sich bislang nicht zum Alleingang Deutschlands geäußert. Erst in einer Pressekonferenz am vergangenen Freitag hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen jedoch be­tont, dass alle EU-Mitgliedstaaten sich rechtlich bindend darauf verständigt hätten, keine parallelen na­tionalen Verhandlungen zu führen und keine parallelen Verträge außerhalb der EU-Abnahmeverein­ba­run­gen mit den Impfstoffherstellern zu schließen. Eine Nachfrage des Deutschen Ärzteblatts, warum Deutschland dennoch nationale Vereinbarungen getroffen habe, ließ das BMG zunächst unbeantwortet.

Das Papier enthält auch einige Aussagen darüber, wie der Stand der Dinge bei den einzelnen Herstellern ist. Der Impfstoff von Johnson & Johnson befindet sich demnach im Rolling-Review-Ver­fahren der EMA. Eine (bedingte) Zulassung werde Ende des ersten Quartals 2021 angestrebt, schreibt das Ministerium.

Curevac will voraussichtlich im April 2021 die für die Zulassung notwendigen Daten bei der EMA einrei­chen. Bei Sanofi/GSK gibt es Verzögerungen. Der Impfstoff wird voraussichtlich nicht vor Ende des Jahres fertig. Auch bei IDT läuft nicht alles rund, wie das Unterneh­men erst kürzlich selbst bekannt­ge­geben hatte.

Keine Informationen gibt es vom Gesundheitsministerium bisher dazu, in welchem Zeitraum die bestell­ten Impfstoffe an Deutschland gelie­fert werden müssen. Ein Sprecher des BMG hatte kürzlich darauf hin­gewiesen, dass in diesem Jahr insgesamt rund 80 Millionen Impfstoff­dosen von Moderna und Bion­tech­/Pfizer in der Bundesrepublik ankommen sollen.

Bisher sehen die Pläne nach Informationen des Deutschen Ärzteblattes vor, dass Biontech/Pfizer bis zur siebten Kalenderwoche für Deutschland rund 5,348 Millionen Dosen liefern werden. Moderna soll bis zur achten Kalenderwoche weitere rund 1,056 Millionen Dosen bereitstellen. Damit würden in Deutschland bis Mitte/Ende Februar 6,4 Millionen Impfstoffdosen bereitstehen.

Dass die Bestellungen vollständig in diesem Jahr verimpft werden können, ist ange­sichts der knappen Produktionskapazitäten nicht anzunehmen. Biontech ist derzeit allerdings dabei, in Marburg eine neue Produktionslinie zu eröffnen, die für einen Ausbau der Kapazitäten sorgen soll.

Unterdessen wird in Deutschland – trotz Fortschritten bei der schleppenden Impfkampagne – weiter in der Großen Koalition gestritten. Mittlerweile sind laut Robert-Koch-Institut (RKI) von heute mehr als 600.000 Menschen in Deutschland gegen Corona geimpft.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil erneuerte dennoch die Kritik seiner Partei an Spahn. „Es war von An­fang an klar, dass Impfen unser Ausweg aus der Pandemie ist und deswegen im Detail vor­bereitet wer­den muss. Das hat Spahn nicht getan“, sagte Klingbeil der Frankfurter Allgemeinen Sonn­tagszeitung. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer bescheinigte der SPD in der Saarbrücker Zeitung, „anschei­nend den Weg der Vernunft verlassen“ zu haben.

Der Impfstart in Deutschland ist aus Sicht der SPD zu schleppend verlaufen. Mehrere Sozialdemokraten hatten Spahn dafür verantwortlich gemacht, dass einige andere Länder beim Impfen weiter sind als Deutschland. Die SPD-geführten Bundesländer hatten zudem einen Fragenkatalog zu den Problemen bei der Impfung an Spahn geschickt.

Inmitten der Pandemie mache die Partei mit der Debatte um das Impfen Wahlkampf, so Kramp-Karren­bau­er. „Das hilft ihr nicht, schadet aber bei der Bekämpfung von Corona, weil es die Verunsicherung schürt.“ Die Sozialdemokraten sollten sich wieder auf ihre Verantwortung für das Land konzentrieren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich mit Blick auf die Impfkampagne zuversichtlich. „Es ist ein langsamer Start. Ein paar Hunderttausend sind geimpft, und jeden Tag werden es mehr. Das Tempo wird zunehmen“, sagte sie in ihrem Podcast von Samstag. „Wir werden in Deutschland genügend Impf­stoff für alle verfügbar haben. Wir werden Monat für Monat mehr Menschen und schließlich jedem, der es möchte, ein Impfangebot machen können.“

In Deutschland bleiben die Infektionszahlen auf hohem Niveau. Binnen eines Tages wurden 12.497 Neu­infektionen mit SARS-CoV-2 an das Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet. Es gab 343 Todesfälle innerhalb von 24 Stunden gezählt. Die Gesamtzahl der verzeichneten Coronatoten in Deutschland erhöhte sich da­mit auf 40.686.

Da am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter Daten übermitteln, liegen die Zahlen des RKI sonntags und montags in der Regel niedriger als an anderen Wochentagen. Am vergangenen Freitag hatte die Zahl der täglich verzeichneten Todesopfer durch die Pandemie in Deutschland mit 1188 Fällen einen neuen Höchststand erreicht.

may/alir mit dpa/afp

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