Spahn stellt Roadmap für Pflegepersonalbemessung in Aussicht

Berlin – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kann sich vorstellen, noch in dieser Legislaturperiode eine Roadmap für die Einführung einer „besseren, fachlich hergeleiteten Personalbemessung“ im Krankenhaus gesetzlich festzulegen. Das sagte Spahn heute auf der virtuellen Jahrestagung des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD).
Krankenhausvertreter fordern seit längerem die Einführung eines Instruments, mit dem der Bedarf an Pflegekräften im Krankenhaus gemessen werden kann und das die heute geltenden Pflegepersonaluntergrenzen ablöst.
Anfang 2020 hatten die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der Deutsche Pflegerat (DPR) und die Gewerkschaft Verdi mit der Pflegepersonalregelung (PPR) 2.0 ein solches Instrument vorgelegt. Seither fordern sie Spahn auf, es einzuführen.
„Im Ziel bin ich mir mit DKG, DPR und Verdi einig, dass wir ein Personalbemessungsinstrument brauchen“, sagte Spahn. Deshalb habe er vor kurzem diese drei Partner auch mit dem GKV-Spitzenverband zur gemeinsamen Abstimmung zusammengebracht.
„Die PPR 2.0 ist mir als Bedarfsbemessungsinstrument aber zu wenig“, meinte Spahn. „Es wäre die Einführung eines Provisoriums.“ Ein solches Provisorium existiere aber bereits. Denn heute sei ja gesetzlich festgelegt, dass die kompletten Personalkosten für die Pflegenden im Krankenhaus refinanziert werden müssten. Deshalb sei der nächste Schritt die Erarbeitung eines fachlich hergeleiteten Personalbemessungsinstruments.
Spahn knüpft Finanzierung von Vorhaltekosten an eine Bedingung
Zudem sprach sich Spahn dafür aus, die Krankenhäuser stärker miteinander zu verbinden, um auf diese Weise eine „abgestimmte, qualitätsgestützte Krankenhausversorgung“ zu erreichen. Ein entsprechendes Gesetz anzugehen, habe er sich für diese Legislaturperiode vorstellen können. Dann sei jedoch die Coronapandemie dazwischengekommen.
„Je besser die Versorgung abgestimmt ist, desto eher kann man auch über andere Vergütungssysteme nachdenken“, sagte Spahn. Derzeit wird die Forderung lauter, das DRG-System um eine Finanzierung der Vorhaltekosten zu ergänzen. Spahn erteilte diesen Forderungen eine Absage.
„Eine Refinanzierung der Vorhaltekosten einzuführen, geht nur, wenn man zuvor eine bedarfsgerechte Struktur eingeführt hat“, sagte der Minister. „Und davon sind wir noch ziemlich weit entfernt.“
„Strukturveränderungen nur mit Sinn und Verstand“
Auch der Präsident des VKD, Josef Düllings, sprach sich für eine stärkere Vernetzung von Krankenhäusern aus. „Strukturveränderungen müssen dabei sinnvoll gestaltet und finanziert werden“, betonte er. „Auch wir befürworten notwendige Strukturveränderungen, aber nur Veränderungen mit Sinn und Versand. Eine Reduzierung der Kapazitäten auf die kalte Art lehnen wir ab.“
Im Rahmen der Strukturveränderungen sollten Krankenhäuser aller Versorgungsstufen sowohl besser miteinander vernetzt werden als auch mit Rehaeinrichtungen und Pflegeheimen.
Neben der Vernetzung der Krankenhäuser nannte Düllings noch weitere aktuelle Probleme, die die Politik jetzt angehen müsse: Den Personalnotstand, die Digitalisierung, die Ambulantisierung der Medizin, die Neuorganisation der ambulanten Notfallversorgung, die mangelnde Investitionskostenfinanzierung, das in die Jahre gekommene DRG-System und die erdrückende Bürokratie, die stetig weiter wachse und die ein Zeichen einer „Misstrauensunkultur“ sei.
VKD will Verantwortung für ambulante Notfallversorgung für Krankenhäuser
„Bereits heute sind Krankenhäuser die erste Anlaufstelle in der ambulanten Notfallversorgung“, meinte Düllings. „Deshalb wird es Zeit, den Krankenhäusern die Verantwortung für die ambulante Notfallversorgung zu übertragen.“
Für die aktuelle Unterfinanzierung der Krankenhäuser infolge der ambulanten Notfallversorgung müsse es dabei eine Lösung geben. Eine Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten unter der Ägide der Kassenärztlichen Vereinigungen lehnte er ab.
„Wenn es keinen niedergelassenen Arzt in einer Region gibt, warum sollte das Krankenhaus nicht mehr ambulant machen können?“, meinte Spahn zu diesem Thema. Umgekehrt sollen Krankenhäuser aus seiner Sicht aber auch stärker ambulant operieren können. Das Thema sei allerdings so komplex, dass es schwierig sei, Gutachter zu finden, die sich trauten, dazu Vorschläge zu machen.
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