SPD-Politiker appelliert: Veränderte Gesetzgebung zu Gesundheitsdaten nutzen

Berlin – In Bezug auf die Nutzung von Gesundheitsdaten hat der Bundestagsabgeordnete Matthias Mieves an Fachkreise appelliert, die inzwischen veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen als Chance zu begreifen.
„Macht bitte was aus den Gesetzen, die wir jetzt schon gemacht haben“, sagte der SPD-Politiker beim Nationalen Digital Health Symposium in Berlin. Die Veranstaltung stand unter der Fragestellung, ob künstliche Intelligenz (KI) die Patientenversorgung und Forschung optimiert.
Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz und dem Digitalgesetz, die beide im März in Kraft getreten sind, seien die Rahmenbedingungen in Deutschland massiv verbessert worden, um in Versorgung und Forschung mehr mit Gesundheitsdaten zu machen, sagte Mieves. Diesen Rahmen gelte es zu nutzen, um sich in dem Bereich vorzukämpfen.
Eine zentrale Plattform wie die elektronischen Patientenakte (ePA) sei nun eine „Mammutaufgabe“, deren Umsetzung ab 2025 noch viel Kraft und Nerven kosten werde, betonte Mieves. Und es sei noch viel zu tun: „Wenn wir aus Daten mehr machen wollen, brauchen wir auch noch ein Registergesetz für die medizinischen Register.“ Es gelte, an vielen Stellen nachzusteuern.
Deutschland habe in dem Bereich einen großen Rückstand, da die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Deutschland lange so ausgelegt worden sei, dass man an vielen Stellen praktisch ein Datennutzungsverbot gehabt habe. Inzwischen habe es in vielerlei Hinsicht einen Paradigmenwechsel und ein Umdenken dahingehend gegeben, dass Daten sinnvoll zum Wohle der Menschen genutzt werden könnten.
Ähnlich äußerte sich Bundestagsmitglied Anna Christmann (Grüne). Sie wertete es auch als wichtigen Punkt in dieser Legislatur, dass bei der ePA nun das Opt-Out-Verfahren gelte. Mieves kritisierte, dass nach dem Bruch der Ampelregierung nun der Beschluss weiterer fertiger Vorhaben blockiert werde. Die Opposition war nicht auf dem Podium vertreten.
Mieves warnte zudem davor, zu kleinteilige Regelungen von der Politik einzufordern. Aus Forschung und Versorgung komme oft der Wunsch, dass die Politik haarklein aufschreibe, was alles geht oder nicht geht. „Das geht aber nur bis zu einem gewissen Grad.“ Ansonsten leide die Praktikabilität. „Wir müssen da einen Spagat finden“, sagte er.
Die Bundesdatenschutzbeauftragte Louisa Specht-Riemenschneider monierte hingegen, dass Rechtsanwender oft mit Abwägungen allein gelassen würden. Der Gesetzgeber müsse hier mehr Verantwortung übernehmen.
Dies könne man ändern, wenn man sich Gedanken darüber mache, welche Datenverarbeitungsvorgänge in der Gesellschaft eher zugelassen sein sollten und welche nicht. Dieses Austarieren finde aus ihrer Sicht noch viel zu wenig statt, sagte Specht-Riemenschneider. Grundsätzlich ließen sich Datenschutz und Innovation zusammen denken.
Rainer Röhrig, Direktor des Instituts für Medizinische Informatik der RWTH Aachen, begrüßte zwar das Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Aber es gebe unterschiedliche Interpretationen durch die Landesdatenschutzbehörden. Forscher brauchten jedoch Klarheit.
Specht-Riemenschneider betonte, man versuche in der Praxis sehr, mit einer Stimme zu sprechen. In der kurzen Zeit, in der sie im Amt sei, habe es schon mehrere einheitliche Entscheidungen gegeben und zu weiteren sei man in der Diskussion.
Das Thema Föderalismus und Datennutzung/-schutz habe sich historisch so entwickelt, sagte Mieves. Aus seiner Sicht brauche es mittelfristig einen Bund-Länder-Pakt, um das Feld neu zu regeln. Die bisherige Situation führe oftmals zu hoher Komplexität und einer Lähmung, die man sich aber nicht mehr leisten könne.
Teilnehmende des Symposiums erhoffen sich von KI die Möglichkeit, beispielsweise Prozesse wie die Durchsicht umfangreicher Studiendaten und Case Reports zu beschleunigen sowie administrative und dokumentarische Aufgaben zu delegieren.
Eine der Hoffnung sei, perspektivisch Zeit für Patientinnen und Patienten zu gewinnen, trotz steigender Nachfrage und Fachkräftemangel, wie Bernhard Gibis von der Kassenärtzlichen Bundesvereinigung (KBV) sagte.
Der Radiologieprofessor Felix Nensa von der Universität Duisburg-Essen erwartet eine zunehmende Rolle des Orchestrierens: Und um die sich immer weiter entwickelnde Technologie zu bedienen und zu beherrschen, brauche es aber Glaubwürdigkeit. Es gelte daher für Medizinerinnen und Mediziner, vor die Welle zu kommen.
Diskutiert wurde auch die Frage, wie Routinedaten genutzt werden könnten, um daraus zum Beispiel Vorhersagen zu möglichen Erkrankungsrisiken von Patienten abzuleiten. Die bisherige Datenqualität reiche aber nicht aus, machte Dominik von Stillfried vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) deutlich. Man könne noch sehr weit danebenliegen, es werde mit bisherigen Daten zu vielen Menschen ein Risiko nahegelegt.
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