Staffelung bei Entlastung von Pflegeheimbewohnern vorgesehen

Berlin – Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat neue Vorschläge erarbeitet, um Bewohner in Pflegeheimen und deren Angehörige zu entlasten. Der Arbeitsentwurf aus dem Haus von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) umfasst 74 Seiten und befindet sich ersichtlich in einem frühen Stadium.
Das Papier, das zahlreiche Aspekte von der stationären und ambulanten Pflege bis hin zu Rehabilitiation Pflegebedürftiger umfasst, liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor. Ob die Ideen so umgesetzt werden, ist unklar. Die Pläne sind offenbar noch nicht mit dem Koalitionspartner abgestimmt. Und am Ende muss der Bundesrat zustimmen.
Um zu verhindern, dass die gesellschaftlich als notwendig angesehenen Maßnahmen bei immer mehr Pflegebedürftigen zu einer finanziellen Überforderung führen, sei es erforderlich neben einer Erhöhung und kontinuierlichen Anpassung der Leistungsbeträge, „die pflegebedingten Eigenanteile in der stationären Versorgung zeitlich gestaffelt zu begrenzen“, heißt es zum Beispiel in dem Papier aus dem BMG.
Der Vorschlag: Der Eigenanteil der Pflegebedürftigen soll umso geringer ausfallen, je länger jemand in einem Pflegeheim lebt. Der Eigenanteil bei den Pflegekosten soll demnach im zweiten Jahr im Heim um 25 Prozent, im dritten Jahr um 50 Prozent und ab dem vierten Jahr dauerhaft um 75 Prozent reduziert werden. Dieser Vorschlag deckt sich weitgehend mit einem Konzept der CDU-Arbeitnehmervereinigung CDA.
Eine zusätzliche Entlastung der Pflegebedürftigen könnte dem BMG zufolge über eine Finanzierung von Investitionskosten durch die dafür zuständigen Länder in Höhe von monatlich bis zu 100 Euro erfolgen.
Bislang hatte Spahn eine maximale Eigenbeteiligung für Pflegebedürftige von 700 Euro pro Monat für die Dauer von höchstens 36 Monate geplant. Mit dem neuen Vorschlag würde die Entlastung zumindest längerfristig deutlich geringer ausfallen, im ersten Jahr würde es gar keine Entlastung geben.
Die Eigenanteile für Pflegeheimbewohner sind in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Derzeit müssen einem Bericht des Redaktionsnetzwerk Deutschland, die ebenfalls über das Papier berichten, Pflegebedürftige im bundesweiten Durchschnitt 2.068 Euro pro Monat selbst zahlen. Davon entfallen 831 Euro auf die reinen Pflegekosten, der Rest auf Unterkunft und Verpflegung (779 Euro) sowie Erhalt und Modernisierung der Heime (458 Euro).
Bei Umsetzung des neuen Gesetzentwurfs würden die reinen Pflegekosten im Heim den Zeitungen zufolge im zweiten Jahr durchschnittlich um 208 Euro auf 623 Euro sinken, im dritten Jahr um 416 Euro auf 415 Euro und ab dem vierten Jahr um 624 auf 207 Euro.
Vorgesehen sind mit der Reform auch weitere Leistungsverbesserungen im Bereich der ambulanten Pflege. Die Situation für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen soll etwa einen Gesamtbetrag für Kurzzeit- und Verhinderungspflege erleichtert werden. Auf Wunsch könnte neben der Abrechnung von Leistungskomplexen auch eine Zeitvergütung möglich werden sowie eine finanziellen Unterstützung beim Einsatz von im Haushalt lebenden Betreuungspersonen.
Die Kurzzeitpflege soll dem Papier zufolge gestärkt und durch eine Übergangspflege als Anschlussversorgung nach einem Krankenhausaufenthalt ergänzt werden. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollten künftig bei der Suche nach einer geeigneten Versorgung und nach freien Plätzen über eine digitale Plattform schnell und effizient unterstützt werden, heißt es in dem Arbeitspapier.
An den Kosten für die medizinische Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen soll sich die gesetzliche Krankenversicherung mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist, beteiligen.
Für Pflegebedürftige, die nicht mehr zu Hause betreut werden können, die aber nicht in eine stationäre Pflegeeinrichtung gehen wollen, will es das Ministerium den Pflegekassen ermöglichen, mit Anbietern gemeinschaftlicher Wohnformen Verträge schließen zu können. Durch den gezielten Einsatz der geriatrischen Rehabilitation soll Pflegebedürftigkeit vermieden oder verhindert werden.
Die Umsetzung der Maßnahmen zur Entlastung der Situation der Pflegebedürftigen erfordere eine verlässliche Finanzierung sowie die Hebung von Effizienzreserven in der pflegerischen Versorgung, schreibt das BMG. Deshalb sollten gesellschaftspolitische Aufgaben der Pflegeversicherung künftig aus allgemeinen Steuermitteln getragen werden.
Der Gesamtumfang der Entlastungen wird in dem Reformentwurf mit rund sechs Milliarden Euro pro Jahr angegeben. Der Bund soll einen Steuerzuschuss von 5,1 Milliarden Euro übernehmen.
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