Therapiekompass zur symptomorientierten Behandlung von Long COVID vorgestellt

Berlin – Bei der Behandlung von Long COVID werden in einem Therapiekompass für zwölf Symptome Medikamente zur Behandlung der einzelnen Beschwerden empfohlen. Ihr Einsatz erfolgt innerhalb der jeweiligen Zulassung. Dieser Kompass zur symptomorientierten Arzneimitteltherapie wurde heute im Rahmen des vierten Runden Tisches Long COVID vorgelegt.
Der Kompass soll Ärztinnen und Ärzte bei der Behandlung von Betroffenen unterstützen, wie Bernhard Wörmann von der Charité Universitätsmedizin Berlin als Vorsitzender einer Gruppe von Fachleuten ausführte, die den Kompass im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) erarbeitet haben. Zudem würden selbst kleine Fortschritte wie eine Verbesserung der Beschwerden um 20 Prozent von den Patienten enorm positiv wahrgenommen werden, so Wörmann.
Das Instrument ist symptomorientiert aufgebaut. Dabei handelt es sich um Beschwerden, für die zugelassene Medikamente zur Verfügung stehen. Dazu gehören zum Beispiel Autoimmunerkrankungen, Depression, Hypertonie oder Schlafstörungen.
Für die einzelnen Symptome werden Medikamente, zum Teil auch Dosierungen und Dauer des Einsatzes empfohlen. Für die Therapie betroffener Kinder und Jugendlicher sollten Expertinnen und Experten hinzugezogen werden, etwa in spezialisierten Zentren. Der Kompass ist auf der Webseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu finden.
Die Kosten für die aufgeführten Arzneimittel werden von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen. „Diese Liste hat direkte Konsequenzen für die Kostenträger, das heißt die hier gelisteten Medikamente sind dann nicht nur erstattungsfähig, sondern werden von der GKV bezahlt“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Der Minister hatte zum vierten Runden Tisch Long COVID eingeladen, an dem neben Forschenden, in der Versorgung tätigen Ärztinnen und Ärzten sowie Vertreter der Selbstverwaltung auch Betroffene teilnahmen.
„Das Thema ist nicht weggegangen und wird auch nicht weggehen“, betonte Lauterbauch. Die Zahl der Betroffenen und auch derjenigen mit Myalgischer Myeloenzephalitis/Chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS) als schwerster Form würde weiter zunehmen. Bislang bestehe kaum Aussicht auf Heilung.
Im Rahmen des Förderprogramms des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) seien bereits wichtige Projekte vergeben worden, so der SPD-Politiker weiter. Darüber hinaus unterstütze das BMG bis 2028 Forschungsprojekte – bis zu 60 Anträge sind laut Lauterbach eingegangen. „Wir werden davon deutlich mehr als zwei Dutzend Anträge fördern.“ Darüber würde bald entschieden, sodass die Forschung im November beginnen könne.
Zudem stünden 52 Millionen Euro für Forschung bei betroffenen Kindern und Jugendlichen zur Verfügung, so der Bundesgesundheitsminister. Dieses Förderprogramm „halte ich für besonders wichtig, denn dieses Programm gibt es meines Wissens in ganz Europa nicht ein zweites Mal.“ Dazu seien bislang acht Anträge eingetroffen, die Auswahl würde bis Ende Oktober getroffen werden.
Beim Runden Tisch wurden mehrere vom Innovationsfond des G-BA unterstützten Forschungsprojekte vorgestellt. Dazu zählte etwa das Projekt KidsCarePVS, über das Uta Behrend vom Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München berichtete. Ziel sei es die Versorgungslage und -bedarfe junger Personen mit postviralen Symptomkomplexen zu erforschen und ein Versorgungskonzept zu entwickeln.
Ein weiteres G-BA-gefördertes Projekt ist POSH, das von Sandra Stengel vom Universitätsklinikum Heidelberg vorgestellt wurde. Es solle ein Fragebogen für Hausärzte entwickelt werden, der die Diagnosestellung, die Steuerung und die Verlaufsmessung unterstützt. Im nächsten Schritt erfolge die Validierung.
Weiterhin wurde beim Runden Tisch auf deutliche Defizite bei der Versorgung von Patienten mit Long COVID und ähnlichen Krankheitsbildern beziehungsweise ME/CFS trotz aller Fortschritte hingewiesen. Zudem solle, so Forderungen, die Fort- und Weiterbildung von Medizinerinnen und Mediziner zum Thema verbessert und standardisiert werden, um so die Versorgung der Betroffenen verbessern zu können.
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