Union und Koalition uneins bei Kostenübernahmen von Schwangerschaftsabbrüchen

Berlin – Die Debatte um eine mögliche Neuregelung bei der Kostenübernahme für Schwangerschaftsabbrüche durch Krankenkassen hält an. Umstritten ist das Thema sowohl unionsintern als auch zwischen Union und SPD.
Nach Ansicht der SPD folgt daraus, dass der Paragraf 218 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden soll. Für die CDU bedeutet die Vereinbarung, dass künftig für mehr Frauen als bislang der Schwangerschaftsabbruch bezahlt werden soll. Die CSU stellt nun generell eine Erweiterung infrage.
Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs rechtswidrig. In den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft bleibt ein Abbruch aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger sagte der Süddeutschen Zeitung, er halte eine über die heutigen Regelungen hinausgehende Kostenübernahme durch die Krankenkassen für verfassungsrechtlich fragwürdig.
Seiner Ansicht nach würde das die Norm des Paragrafen 218 unterhöhlen. Er unterstrich zugleich, dass es eine Abschaffung oder Aufweichung des Paragrafen mit der Union nicht geben werde, so Pilsinger, der stellvertretender Vorsitzender des Gesundheitsausschusses ist.
Derzeit gibt es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 100.000 Schwangerschaftsabbrüche jährlich. Grundsätzlich müssen Frauen den Eingriff selbst bezahlen. Die Kosten werden aber übernommen, wenn das Nettoeinkommen der Frau niedriger als 1.500 Euro monatlich liegt.
Am Wochenende hatte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) eine mögliche Anhebung dieser Einkommensgrenze vorgeschlagen. Warken hatte den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt, bereits jetzt bestehe die Möglichkeit einer Kostenübernahme, wenn die Indikation dafür gegeben sei oder die Kosten eines Abbruchs die Schwangere überforderten. Die CDU-Politikerin fügte hinzu: „Denkbar ist, dafür die derzeit geltende Einkommensgrenze anzuheben. Dafür muss der Abtreibungsparagraf 218 nicht geändert werden.“
Das entspricht dem Koalitionsvertrag. Dort heißt es: „Für Frauen in Konfliktsituationen wollen wir den Zugang zu medizinisch sicherer und wohnortnaher Versorgung ermöglichen. Wir erweitern dabei die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung über die heutigen Regelungen hinaus.“
Ein von der Union eingeholtes Gutachten zu der Frage hat für die SPD „keine Bedeutung“. Der Autor Gregor Thüsing, der zu dem Ergebnis kommt, dass bei einer Erweiterung der Kostenübernahme keine Änderung des Paragrafen 218 nötig sei, sei zwar ein anerkannter Arbeits- und Sozialrechtler, so die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Carmen Wegge. „Da es im Kern aber um verfassungsrechtliche Fragen geht, messen wir dem Gutachten keine weitere Bedeutung bei“, sagte Wegge der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Die Diskussion, wie der Satz im Koalitionsvertrag zu verstehen ist, hatte die von der SPD für das Bundesverfassungsgericht nominierte Juristin Frauke Brosius-Gersdorf in Gang gebracht. Ihrer Ansicht nach darf es eine Leistungspflicht für Krankenkassen bei einem Schwangerschaftsabbruch nur geben, wenn der rechtmäßig ist.
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