Politik

Urlaubsreisen ins Ausland auf dem Prüfstand

  • Donnerstag, 25. März 2021
Fluggäste mit dem Reiseziel Mallorca stehen im Flughafen Hannover-Langenhagen am Check-in./ picture alliance, Moritz Frankenberg
Fluggäste mit dem Reiseziel Mallorca stehen im Flughafen Hannover-Langenhagen am Check-in./ picture alliance, Moritz Frankenberg

Berlin – Angesichts der hitzigen Diskussion über Urlaub auf Mallorca trotz Corona erwägt die Bundes­re­gierung, Reisen in beliebte Urlaubsgebiete im Ausland vorübergehend zu unterbinden. „Das wird jetzt von den zuständigen Ressorts überprüft“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer gestern in Berlin. Sie sagte aber nicht, welche Optionen es gibt.

Kritik gab es an den Auslandsreisen, weil Urlaub im Inland in den Oster­ferien wegen geschlossener Ho­tels und Campingplätze nicht möglich ist. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte gestern in seiner Regierungserklärung, die Testpflicht sei nur das „Minimum“. „Und mir wäre es lieber, uns würden noch ein paar andere Maßnahmen einfallen.“ Es sei „einfach für die Menschen schwer verständlich und akzeptabel“, dass man bei uns kein Ferienhaus und keine Ferien­wohnung buchen könne, umgekehrt aber auf Mallorca großer Urlaub gemacht werden könne.

Ähnlich äußerte sich Vizekanzler Olaf Scholz (SPD). „Es ist nicht gut, dass jetzt in dieser Situation solche Urlaubsreisen stattfinden“, sagte der Finanzminister. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht das so. Es könne doch nicht sein, dass man nicht in der Lage sei zu verhindern, dass Menschen nach Mallorca fliegen, aber in Flensburg ein 15-Kilometer-Bewegungsradius durchgesetzt werden könne, sagte sie am Mittwochvormittag bei ihren Beratungen mit den Ministerpräsidenten. Wie man es rechtlich sauber hin­bekommen kann, dass niemand mehr nach Mallorca fliegt, ist aber unklar.

Die SPD lehnte hingegen ein echtes Reiseverbot umgehend ab. „Ein generelles Verbot von Reisen in be­liebte Ur­laubs­gebiete im Ausland wird es mit der SPD-Fraktion nicht geben“, sagte der parlamentarische Ge­schäftsführer Carsten Schneider. Generell Reisen ins Ausland zu verbieten, gehe über sinnvolle Schutz­maßnahmen hinaus, sei unverhältnismäßig und trage zur weiteren Verunsicherung der Bevölke­rung bei.

Nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland herrscht im Justizministerium große Zurück­haltung gegenüber einem Verbot von Reisen. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sehe da „sehr hohe Hürden“ und sei deshalb mit Blick auf die Grundrechte „sehr skeptisch“, heiße es in Regierungs­kreisen.

Hintergrund der Diskussion ist der vorübergehende Buchungsboom für Mallorca nach der Streichung der Lieblingsinsel der Deutschen von der Liste der Coronarisikogebiete am 14. März. Damit wurde auch die Reisewarnung des Auswärtigen Amts aufgehoben. Der Schritt erfolgte, weil die Zahl der Neuinfektionen dort unter 50 pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen gesunken war. Damit ist der Urlaub auf Mallorca wieder ohne Quarantäne und Testpflicht bei der Rückkehr möglich.

Das führte zu einer Explosion der Buchungen bei den großen Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften, die hunderte zusätzliche Flüge für die Osterferien neu auflegten. Beim Bund-Länder-Treffen wurde aller­dings entschieden, dass künftig für alle Flugpassagiere, die nach Deutschland einreisen, eine Testpflicht eingeführt werden soll. Einem Entwurf aus dem Bundesgesundheitsministeriums zufolge soll das ab Sonntag greifen.

„Sie soll unabhängig davon gelten, ob die Beförderung aus einem Risikogebiet stattfindet“, heißt es im Begleitschreiben des Ministeriums an das Kanzleramt und die anderen Ressorts. Der Beschluss soll dem­nach noch heute im Umlaufverfahren gefasst werden. „Personen, die einen entsprechenden Test­nach­weis nicht vor Abreise ihrem Beförderer vorlegen können, dürfen nicht befördert werden“, heißt es in dem Text.

„Mit einer Testung bereits vor Abflug wird die Wahrscheinlichkeit gesenkt, dass infizierte Personen reisen und andere während des Fluges anstecken können bzw. einen zusätzlichen Eintrag von SARS-CoV-2-In­fektio­nen nach Deutschland verursachen“, heißt es in dem Entwurf weiter. Das Testen ergänze bereits etablierte Vorsichtsmaßnahmen wie das Tragen einer Maske, Abstandhalten und Hygienemaßnahmen - diese müssten unbedingt weiter eingehalten werden. Die Regelung soll zunächst bis zum 12. Mai gelten.

Bisher ist eine Testpflicht vor der Einreise nach Deutschland nur für Reisende vorgesehen, die sich in den zehn Tagen zuvor in einem Gebiet aufgehalten haben, wo die Infektionszahlen besonders hoch sind oder Mutationen verbreitet sind.

Bisher raten Bund und Länder in ihren Beschlüssen zur Bekämpfung der Coronapandemie von touris­ti­schen Reisen im In- und Ausland ab. Das ist zwar nur eine Empfehlung. Für das Inland wurde aber schon eine Lösung gefunden, das Reisen tatsächlich auch wirksam zu unterbinden: Man hat den Hotels und an­deren Beherbergungsbetrieben einfach verboten, Urlauber einzuquartieren. Da die Bundesre­gierung auf Hotelöffnungen im Ausland keinen Einfluss hat, muss sie eine andere Lösung finden.

Eine Möglichkeit wäre bei Auslandsreisen, diese für Urlaubswillige unattraktiv zu machen, etwa mit Quarantänerege­lun­gen. Eine andere Möglichkeit wäre, das Reisen zumindest teilweise zu verbieten. Das geschieht zum Beispiel in den Herkunftsländern der anderen beiden großen Mallorca-Urlaubergruppen: Spanien und Großbri­tannien.

In England ist das Verbot von Auslandsreisen längst Realität – und davon sind nicht nur klassische Ur­laubsziele betroffen. Die Engländer sollen sich derzeit nicht einmal aus ihrem eigenen Wohnviertel be­wegen, erst im April sollen Inlandsreisen unter bestimmten Bedingungen wieder erlaubt sein. Das Land verlassen darf aktuell nur, wer einen triftigen Grund dafür vorweisen kann.

Auch in ganz Spanien darf man seine autonome Gemeinschaft – das entspricht in etwa deutschen Bundes­ländern – nicht verlassen. Aus Katalonien auf dem spanischen Festland darf man also nicht auf die Balearen, zu denen Mallorca gehört. In Deutschland ist die Verbotsregelung juristisch umstritten.

dpa

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