Vor der Abstimmung: Appelle an die Landespolitik zur Krankenhausreform

Berlin – Kurz vor der Abstimmung am Freitag im Bundesrat zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) erreichen die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder weiter unterschiedliche Appelle.
So fordert der Deutsche Städtetag in einem Brief an die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz (GMK), Kerstin von der Decken (CDU), dass es zügig zu einer Krankenhausreform kommen müsse.
„Wir appellieren dringend an die Länder, sicherzustellen, dass der begonnene Prozess der Neustrukturierung der Krankenhausfinanzierung und -planung, trotz des erwarteten vorgezogenen Endes der Legislaturperiode, zu Ende geführt und nicht in die nächste Legislaturperiode verschoben wird“, schreibt Stefan Hahn, der ständige Stellvertreter des Hauptgeschäftsführers des Deutschen Städtetages.
In dem Brief, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, heißt es weiter, dass die Städte „aus ihren eigenen, defizitären Haushalten, den Betrieb und die Investitionen für ihre städtischen Krankenhäuser stemmen müssten. Gleichzeitig droht die Gefahr, dass sie bald in die Lage kommen, dies auch für die Krankenhäuser anderer Träger tun zu müssen.“
Es müsse ein „unstrukturiertes Krankenhaussterben vermieden werden.“ Daher müsse es ein zügiges neues Finanzierungssystem geben, das nicht im Vermittlungsausschuss „ohne klaren Zeitplan verbleibt.“
Vor einem Scheitern warnen auch die notfallmedizinischen Fachgesellschaften Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und die Deutschen Gesellschaft für Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA). Ihnen geht es neben dem KHVVG auch um den Gesetzentwurf „zur Reform der Notfallversorgung“ (NotfallG), das zwar im Bundestag bereits mit Expertinnen und Experten diskutiert wurde, aber noch nicht abgestimmt ist.
„Der Status quo der Notfallversorgung in Deutschland ist nicht bedarfsgerecht und muss dringend in allen Sektoren umfassend reformiert werden“, sagte DIVI-Präsident Felix Walcher. Martin Pin, Präsident der DGINA und Chefarzt der Zentralen Interdisziplinären Notaufnahme am Florence-Nightingale-Krankenhaus Düsseldorf, warnt: „Ein Scheitern dieser Gesetzesvorhaben birgt die Gefahr der Stagnation. Das können wir uns in der jetzigen Situation nicht leisten.“
Denn: „Die bereits weit fortgeschrittenen Gesetzesvorhaben haben das Potenzial, die Krankenhausplanung, die Notfallversorgung und den Rettungsdienst nachhaltig und positiv im Sinne einer guten Versorgung zu reformieren. Damit könnten wir der dringend notwendigen koordinierten Verzahnung dieser Bereiche einen großen Schritt näherkommen.“
Der Hartmannbund fordert von den Bundesländern noch einmal eine „kluge Abwägung ihrer Möglichkeiten zur Durchsetzung notwendiger Änderungen" an dem geplanten Krankenhausgesetz. So dürfe die flächendeckende Grundversorgung der Bevölkerung in ländlichen und strukturschwachen Regionen nicht gefährdet werden.
„Dazu bedarf es zwingend einer Flexibilisierung der Zuweisung von Leistungsgruppen für Krankenhäuser in ländlichen, von Ballungszentren weit entfernten Gebieten, um notwendige Kapazitäten auch bei geringen Fallzahlen zu halten, sowie einer tatsächlich fallzahlunabhängigen Vorhaltevergütung zur Absicherung der notwendigen Krankenhausstrukturen", heißt es vom Hartmannbund.
Mehr Investitionsfinanzierung und einen stärkeren Fokus auf die Ergebnisqualität der medizinischen Versorgung fordert der Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) von der Reform. Hierfür seien „kurzfristige Ergänzungen und zeitnahe Anpassungen“ im Gesetz notwendig, so der Verband kurz vor der Entscheidung im Bundesrat.
Eine neue Bundesregierung müsse schnell handeln und beispielsweise einen „Masterplan Investitionsfinanzierung“ aufsetzen. Denn der Großteil der Krankenhäuser könne die Sach- und Personalkosten nicht aus den regelhaften Erlösen der Patientenbehandlung finanzieren. „Das gefährdet nicht nur die Leistungsfähigkeit und Existenz der Krankenhäuser, sondern kann auch negative Folgen auf die Qualität der Krankenhausbehandlung haben“, warnt der BVMed.
Eine zügige Anrufung des Vermittlungsausschusses sehen dagegen die Schmerzmediziner: „Wir appellieren eindringlich an die Bundesländer im Bundesrat den Vermittlungsausschuss anzurufen. Dies ist die letzte Chance, ein Desaster für Patienten mit chronischen Schmerzen zu verhindern", erklärte Joachim Nadstawek, Vorsitzender des Berufsverbands der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland (BVSD) in einer Mitteilung.
Der Verband befürchtet, dass durch das KHVVG die „Interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie" kein Bestandteil mehr einer zukünftigen stationären und teilstationären Versorgung sein würde. Daher müsse im Vermittlungsausschuss die „Einführung einer eigenen Leistungsgruppe ‚Interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie‘ prioritär auf die Agenda gesetzt werden.“
Wie bereits gestern Stimmen aus den Bundesländern gezeigt haben, dürfte es übermorgen eine knappe Entscheidung für oder gegen den Vermittlungsausschuss geben. Zur Anrufung des Vermittlungsausschusses werden mindestens 35 Stimmen der insgesamt 69 Länderstimmen im Bundesrat benötigt. Die meisten Länder haben sich entschieden. 30 Stimmen gibt es für den Weg in den Vermittlungsausschuss. Den Ausschlag geben dürfte nach jetzigem Stand wahrscheinlich die Entscheidung aus Hessen.
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