Politik

Vorgaben der Krankenhausreform passen nicht zu Qualitätsvorgaben der Selbstverwaltung

  • Donnerstag, 14. November 2024
/N F, peopleimages.com, stock.adobe.com
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Berlin – Die im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) geplanten Qualitätskriterien können nicht mit den Qualitätsvorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) verglichen werden.

Das betonte Karin Maag, unparteiisches Mitglied des G-BA, heute zum Auftakt der 15. Qualitätssicherungskonferenz des G-BA in Berlin. Zuvor hatte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Sabine Dittmar (SPD), die neuen Qualitätskriterien beschrieben, die mit dem KHVVG eingeführt werden sollen.

„Die neuen Leistungsgruppen werden mit bundeseinheitlichen Qualitätskriterien hinterlegt, die erfüllt sein müssen, damit ein Krankenhaus die Leistungsgruppen vom Land zugewiesen bekommen kann“, erklärte Dittmar. Natürlich müsse sich die Weiterentwicklung der Medizin in den Leistungsgruppen abbilden.

„Deshalb ist ein mehrstufiges Verfahren in einem Leistungsgruppenausschuss vorgesehen, um die weitere Aus­dif­ferenzierung der Leistungsgruppen vorzunehmen“, so Dittmar. Vor einer Beschlussfassung über die Leistungs­gruppen sei dabei dem G-BA Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben. Zudem solle die Geschäftsstelle des Ausschusses beim G-BA eingerichtet werden.

Dittmar betonte, dass die bestehenden Qualitätssicherungsmaßnahmen des G-BA weiterhin wichtige Instrumente blieben, um die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern. Um Überschneidungen zu vermeiden, solle der G-BA allerdings eigene Qualitätsanforderungen aufheben, wenn die Qualitätskriterien der Leistungsgruppen vergleichbar mit denen des G-BA sind. „Dadurch sollen auch vermeidbare Aufwendungen, etwa durch doppelte Prüfungen, vermieden werden“, so Dittmar.

Maag vom G-BA kritisierte diese Regelung und betonte, dass die Qualitätsvorgaben der Leistungsgruppen nicht mit den Qualitätsvorgaben des G-BA verglichen werden könnten. „Die Qualitätskriterien der Leistungsgruppen sowie die zugehörigen Mindestvorhaltezahlen sind keine Instrumente der Qualitätssicherung der Leistungserbringung, wie der G-BA sie entwickelt und in der Praxis etabliert“, sagte Maag.

„Bei den Leistungsgruppen handelt es sich um nach krankenhausplanerischen Maßstäben zusammengefasste Leistungsbündel. Die mit den Leistungsgruppen verknüpften Qualitätskriterien sind daher im Gegensatz zu den Strukturrichtlinien des G-BA weder präzise auf besonders risikobehaftete Eingriffe ausgerichtet noch evidenz­ba­siert.“ Deshalb könnten die Qualitätskriterien der Leistungsgruppen die Maßnahmen des G-BA zur Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung auch nicht ersetzen.

Welche Vorgaben gelten am Ende?

Gleichwohl werde im KHVVG geregelt, dass der G-BA Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergeb­nisqualität künftig nur festlegen dürfe, wenn diese Anforderungen die neuen Qualitätskriterien nach dem KHVVG in erforderlicher Weise ergänzten und nicht im Widerspruch zu ihnen ständen.

Der G-BA müsse sogar einzelne Bestimmungen in seinen Richtlinien beziehungsweise die ganze Richtlinie aufhe­ben, wenn sämtliche Anforderungen der Richtlinie in den neuen Qualitätskriterien normiert werden.

„Diese Schnittstellen, besser die offensichtlich gewollte Verzahnung von Planungsvorgaben im KHVVG und Qualitätsvorgaben des G-BA, sind bereits rechtlich hochproblematisch und bleiben auch inhaltlich in hohem Maße unklar“, betonte Maag.

Wenn im Rahmen des KHVVG zum Beispiel Vorgaben zur Ausstattung mit Fachpersonal für die ganze Leistungs­gruppe gemacht würden und es gleichzeitig höhere Vorgaben des G-BA für einzelne, besonders anspruchsvolle Leistungen innerhalb dieser Gruppe gebe: Müssten die Vorgaben des G-BA dann aufgehoben werden?

Mindestmengen verändern die Strukturen

Maag nannte ein Beispiel: „Wenn für die Leistungsgruppe ‚Allgemeine Chirurgie‘ Vorgaben zur Ausstattung mit Fachpersonal gemacht werden und die QS-Anforderungen in den Strukturrichtlinien des G-BA sind für einzelne, besonders zeitkritische Leistungen, wie beispielsweise bei der Versorgung von Femurfrakturen, im Hinblick auf die Qualifikation der Mitarbeitenden in der Klinik her gleich, aber in der notwendigen Anzahl der Mitarbeitenden höher: Müssen wir dann aufheben?“

Maag betonte darüber hinaus, dass die Qualitätsvorgaben des G-BA zu Strukturveränderungen im Gesundheitswesens führten – zum Beispiel durch die kontinuierliche Ausweitung der Mindestmengenregelung.

„Der AOK-Bundesverband hat letzte Woche seine Transparenzkarte veröffentlicht: Danach wird die Anhebung der Mindestmengen für die Behandlung von Brust- und Lungenkrebs im Jahr 2025 zu einer deutlichen Konzentration der Versorgung auf solche Krankenhausstandorte führen, die mit viel Routine bei den jeweiligen Eingriffen auch bessere Behandlungsergebnisse erzielen“, sagte Maag.

Dokumentationsaufwand reduziert

Zudem arbeite der G-BA kontinuierlich daran, den Dokumentationsaufwand im Gesundheitswesen zu reduzieren, etwa durch eine Überarbeitung der Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung. „Der Dokumentationsaufwand für diese Verfahren ist im Bestreben immer noch besser werden zu wollen und in der besten Absicht, den Patientenschutz zu erhöhen, zum Teil über das Ziel hinausgeschossen“, räumte sie ein.

„Der G-BA hat sich deshalb vor zwei Jahren auf den Weg gemacht, die datengestützte Qualitätssicherung effizienter und effektiver zu gestalten und die Potenziale im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu optimieren. Dabei greifen wir verstärkt auf Sozialdaten sowie auf Daten aus Patientenbefragungen und zukünftig auch auf Daten aus Krebsregistern zurück, um bürokratische Aufwände insbesondere auch für die Leistungserbringer zu mindern.“

Das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) habe in einem ersten Schritt zu drei QS-Musterverfahren Vorschläge zur Weiterentwicklung erarbeitet, die bereits vom G-BA beraten und beschlossen worden seien.

„Schritt für Schritt werden so alle elf Verfahren der datengestützten Qualitätssicherung überarbeitet, verschlankt wie auch verbessert“, sagte Maag. „Der G-BA beschränkt sich künftig auf weniger, dafür aber aussagekräftigere Indikatoren. Mit dem jetzt eingeschlagenen Weg wollen wir vor allem ein ausgewogenes Aufwand-Nutzen-Verhältnis erreichen.“

fos

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