Vorhaltefinanzierung nach Bedarf und nicht nach Fallzahlen berechnen

Berlin – Für die geplante Krankenhausreform braucht es eine fallzahlunabhängige Vorhaltefinanzierung. Das fordern heute verschiedene Akteure und Verbände des Gesundheitswesens in einer gemeinsamen Erklärung.
Benötigte Krankenhausstrukturen müssten anhand des Bedarfs der Bevölkerung abgeleitet werden und nicht an den Fallzahlen der Vorjahre, erklärten die Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser, der AOK-Bundesverband, die DAK-Gesundheit, der Deutsche Evangelische Krankenhausverband sowie die Deutsche Krebsgesellschaft.
„So wird keine wesentliche Änderung im Vergleich zum bestehenden System geschaffen, weil Mengenanreize bestehen bleiben und die Ambulantisierung von Leistungen ausgebremst wird“, erklären die Verbände weiter.
Die geplante Vorhaltefinanzierung sollte stattdessen fallzahlunabhängig und prospektiv entwickelt sowie in monatlichen Tranchen ausgezahlt werden, appellieren die Verbände in Richtung Bund, Länder und Regierungsfraktionen. So könne eine krisensichere, von aktuellen Fallzahlschwankungen unabhängige Solvenzsicherung der Kliniken erreicht werden.
Die Krankenhausreform sieht die Einführung von 65 Leistungsgruppen vor, die bundesweit einheitliche Qualitäts- und Ausstattungskriterien festlegen sollen. Vorerst sollen diese Kriterien im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) festgelegt werden. Die Leistungsgruppen orientieren sich dabei vor allem an den Definitionen der 60 Leistungsgruppen, die in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren entwickelt worden sind.
In den Jahren 2025 und 2026 sollen die Bundesländer im Rahmen ihrer Krankenhausplanung den Krankenhäusern Leistungsgruppen zuweisen. Vorgesehen ist, Gelegenheitsversorgung auszuschließen und die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern. Zudem soll an die Leistungsgruppen eine Vorhaltefinanzierung von 60 Prozent der gesamten Betriebskosten geknüpft werden. Der Rest soll weiterhin über diagnosebezogene Fallpauschalen (DRG) finanziert werden.
Die Landesbehörden sollen in den künftigen Krankenhausplänen sogenannte Planfallzahlen für jede Leistungsgruppe, die jedes Krankenhaus erbringt, vorgeben. Wenn die Länder dies nicht tun, sollen für die Auszahlung der Vorhaltefinanzierung die Ist-Fallzahlen des vorangegangenen Jahres gelten, ist im Entwurf des KHVVG geregelt.
Instrument zur Bedarfsermittlung gefordert
Die Verbände fordern weiter ein „wissenschaftlich fundiertes Instrument zur Bedarfsermittlung“, das zeitnah entwickelt werden soll. Dafür brauche es einen entsprechenden gesetzlichen Auftrag. Außerdem dürfe die Strukturreform nicht von der Finanzierungsreform entkoppelt werden. Es brauche zeitnah „verbindliche Qualitätsvorgaben für die Krankenhäuser auf der Basis der wissenschaftlichen Evidenz“.
Sie sprechen sich dabei für die Ziele der Krankenhausreform aus: Spezialisierung und Zentralisierung. Mindestvorhaltezahlen seien dafür ein zentrales Element, „um bei nicht vorliegender Evidenz die nötige Routine zu gewährleisten und Gelegenheitsversorgung auszuschließen.“
Die Qualitäts- und Strukturvorgaben innerhalb der geplanten Leistungsgruppen sollten aber auf Grundlage der medizinisch-wissenschaftlichen Expertise der Selbstverwaltungspartner und Fachgesellschaften definiert werden und dürften keinen politischen Interessen unterliegen.
Auch der Marburger Bund (MB) schließt sich den Forderungen der Akteure nach einer fallzahlunabhängigen Vorhaltevergütung im Rahmen der geplanten Krankenhausreform an.
„Es gibt eine breite Übereinstimmung im Gesundheitswesen, dass die Vorhaltefinanzierung der Krankenhäuser als mengenunabhängige Vergütungskomponente ausgestaltet werden sollte, die sich an den Kosten der notwendigen personellen und materiellen Infrastruktur eines Krankenhauses orientiert und dabei auch die Erfüllung des jeweiligen Versorgungsauftrages berücksichtigt“, sagte die erste Vorsitzende des MB, Susanne Johna.
Es brauche eine echte Entkommerzialisierung. Diese könne nur dann gelingen, wenn die Vorhaltefinanzierung unabhängig von der Fallzahl erfolge und das gesamte Personal in der direkten Patientenversorgung gegenfinanziert werde, bekräftigte Johna.
Die geplante Verknüpfung von Fallzahlen an die Vorhaltefinanzierung sorgte bereits in den vergangenen Monaten für deutliche Kritik, auch etwa vonseiten der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
Die Krankenhausreform wird derzeit im Bundestag beraten. Eine erste Lesung ist Ende Juni bereits erfolgt. Die Anhörung von Sachverständigen im Gesundheitsausschuss ist für den 25. September geplant.
Möglich sind Änderungsanträge der Regierungsfraktionen, die die derzeitige Reform anpassen. Einige Änderungen haben Abgeordnete bereits angekündigt, von einigen Punkten wollen die Ampelfraktionen hingegen nicht abrücken. Das Inkrafttreten des Gesetzes ist für den 1. Januar 2025 geplant.
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