Politik

Wadephul spricht von Hungersnot in Gaza

  • Montag, 4. August 2025
Johann Wadephul Israel
Bundesaußenminister Johann Wadephul (M, CDU) gibt nach seinem Besuch im Dorf Taybeh ein Statement. Wadephul besuchte während seiner Reise Israel und die Palästinensischen Gebiete. /picture alliance, dpa, Soeren Stache

Berlin – Im Gazastreifen herrscht nach Einschätzung von Außenminister Johann Wadephul inzwischen eine Hungersnot. Das Gespräch wurde nach Angaben des Senders am vergangenen Freitag auf dem Rückflug von Wadephuls Reise nach Israel und in die Palästinensischen Gebiete geführt.

„Wir beobachten ja seit geraumer Zeit, dass die Blockade, die Israel praktisch ausgebracht hat für den Gazastreifen, zu einer Hungersnot geführt hat, dazu geführt hat, dass Menschen sterben, leiden, dürsten“, sagte der CDU-Politiker im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunk.

Internationale Experten für Ernährungssicherheit sehen die Kriterien für eine Hungersnot in Gaza bislang nicht erfüllt. Allerdings zeichnet sich nach einer aktuellen Zwischeneinschätzung der IPC-Initiative zur Analyse von Ernährungskrisen eine Hungersnot ab, also die schlimmste Form einer Ernährungskrise.

Sie setzt formell einen extremen Mangel an Nahrungsmitteln, akute Unterernährung und hungerbedingte Todesfälle voraus. Den Experten zufolge weisen jüngste Daten darauf hin, dass die ersten beiden Kriterien bereits erfüllt wurden – extremer Mangel an Nahrungsmitteln praktisch in den meisten Teilen des Gazastreifens und akute Unterernährung in der Stadt Gaza.

Aus deutschen Sicherheitskreisen hatte es geheißen, 50 bis 100 Prozent der Hilfsgüter, die in den Gazastreifen gelangten, würden von der Hamas oder anderen kriminellen Organisationen abgezweigt.

Wadephul erklärte, die Vereinten Nationen mit all ihren Hilfsorganisationen, das Internationale Rote Kreuz sowie kirchliche und karitative Organisationen müssten wieder freien Zugang zum Gazastreifen bekommen, um dort zu helfen.

Seit dem vergangenen Freitag wirft die Bundeswehr Hilfsgüter aus der Luft über dem Gazastreifen ab. „Unsere Luftabwürfe können auch nur eine kleine Linderung sein. Wir machen sie. Wir machen alles, was lindert“, sagte Wadephul. „Aber es muss auf dem Landwege geschehen, und das muss Israel ermöglichen. Und das wird dort auch verstanden.“

Die Bundesregierung wird nach den Worten von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Kürze über das weitere Vorgehen im Gaza-Konflikt entscheiden. Er erwarte einen Bericht von Außenminister Wadephul über dessen Besuch in Israel und den Palästinensergebieten, sagte Merz in Saarbrücken auf die Frage, ob die Bundesregierung sich eine Beteiligung an Sanktionen gegen Israel vorstellen könne.

„Wir werden diesen Bericht abwarten und alle weiteren Entscheidungen treffen“, sagte der Kanzler. Die Regierung habe bereits am vergangenen Montag im Sicherheitskabinett „auch darüber gesprochen, wie wir gegebenenfalls mit den europäischen Partnern zusammen weiter vorgehen“.

Deutschland gehört bisher innerhalb der EU zu jenen Staaten, die Sanktionen gegen Israel wegen der schlechten humanitären Lage im Gazastreifen ablehnen. Unter anderem deswegen hatten die EU-Regierungen kürzlich über einen Vorschlag der EU-Kommission nicht entscheiden können. Die Kommission hatte vorgeschlagen, die Teilnahme Israels am Forschungsförderungsprogramm Horizon Europe teilweise auszusetzen.

„Eines ist für uns klar: Die Lage dort ist inakzeptabel. Sie muss so schnell wie möglich beendet werden“, sagte Merz vor Journalisten. Sollte die Hamas die Waffen schweigen lassen und die Geiseln freilassen, so sei der Konflikt sofort zu Ende.

„Aber solange er andauert, muss wenigstens ein Minimum an Hilfe, medizinischer Hilfe und auch Nahrungsmittelhilfe für die Bevölkerung gewährleistet sein. Und dafür trägt Israel natürlich auch ein gehöriges Maß an eigener Verantwortung“, sagte Merz.

Nach Angaben der israelischen Militärbehörde Cogat haben in den letzten sieben Tagen 23.000 Tonnen Hilfsgüter die Bevölkerung im Gazastreifen auf dem Landweg erreicht. 1.200 Lastwagen seien in dieser Zeit in das abgeriegelte Küstengebiet eingefahren und von UN- und anderen Organisationen übernommen worden, teilte die Behörde auf X mit. Israel lässt erst seit Sonntag vor einer Woche wieder Hilfslieferungen im größeren Stil zu.

dpa/afp

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