Ältere Beschäftigte im Gesundheitswesen besonders oft ausgebrannt

Berlin – Ältere Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen sind mehr als doppelt so häufig wegen psychischer Erkrankungen krankgeschrieben als der Durchschnitt der Beschäftigten in allen Branchen und Altersgruppen. Die am stärksten betroffene Beschäftigtengruppe sind ältere Frauen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor.
„Es ist ein Offenbarungseid: Diejenigen, die wir am meisten brauchen, brennen am schnellsten aus. Bessere Arbeitsbedingungen in Gesundheit, Pflege und sozialen Berufen sind überfällig. Wettbewerb und Markt haben in diesen Bereichen nix zu suchen“, sagte Jutta Krellmann, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit, der Linke im Bundestag.
Das Coronajahr 2020 ist in der Antwort der Regierung nicht erfasst, neuere Daten lagen ihr nach eigenen Angaben nicht vor. 2018 waren Arbeitnehmer durchschnittlich drei Tage wegen psychischer Probleme krankgeschrieben. Frauen über 45 Jahre waren mit fünf Krankentagen besonders betroffen. Auffallend hoch war der Krankenstand mit durchschnittlich 4,4 Ausfalltagen im Gesundheits- und Sozialwesen. In dieser Branche fielen Frauen über 45 Jahre 6,2 Tage aus.
Die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von psychischen und Verhaltensstörungen ist laut der Antwort in den vergangenen zehn Jahren insgesamt um 213 Prozent gestiegen. Ältere Beschäftigte ab 45 Jahre sind um mehr als drei Viertel stärker betroffen als Jüngere. Frauen sind um etwa zwei Drittel stärker betroffen als Männer.
Die Anzahl der Ausfalltage aufgrund von psychischen und Verhaltensstörungen hat sich laut der Antwort von 27,3 Millionen Ausfalltagen im Jahr 1998 auf 111,8 Millionen Ausfalltage im Jahr 2018 erhöht. Die anteiligen Produktionsausfallkosten am Bruttonationaleinkommen haben sich in diesem Zeitraum mit 13,3 Milliarden Euro vervierfacht. Jede vierte Frühberentung geht auf die Diagnose „Psychische Störungen“ zurück.
Wesentliche arbeitsbezogene Stressoren sind laut der Antwort auf die Kleine Anfrage Zeit- und Leistungsdruck, Multitasking, häufige Unterbrechungen, geringe Kontrolle über die Arbeit, unfaire Entlohnung, Monotonie und Arbeitsplatzunsicherheit sowie Mobbing und schlechte Führung.
„Es ist höchste Zeit für einen besseren Arbeits- und Gesundheitsschutz in allen Bereichen der Wirtschaft. Die bestehenden Instrumente reichen nicht aus. Wir brauchen eine Anti-Stressverordnung, die Arbeitgebern klar vorschreibt, wie Beschäftigte vor Stress, Ermüdung und Monotonie zu schützen sind“, sagte Krellmann. Außerdem müsse die betriebliche Mitbestimmung ausgeweitet werden.
Nötig seien zudem häufigere und zielgerichtetere Kontrollen. „Hierfür braucht es mehr Personal, digitale Ausstattung und Mut zu abschreckenden Bußgeldern. Hier muss die Bundesregierung, die Länder entsprechend antreiben“, so die Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit der Fraktion.
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