Vermischtes

Altersdiskriminierung in Deutschland weit verbreitet

  • Dienstag, 25. März 2025

Berlin – Fast die Hälfte der Menschen in Deutschland sind nach eigener Aussage schon wegen ihres Alters diskriminiert worden. Dies geht aus einer Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) hervor. Die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, schlug einen Nationalen Aktionsplan Antidiskriminierung vor, um dem Problem entgegenzuwirken.

Altersdiskriminierung sei „ein größeres Problem, als uns bewusst ist“, betonte Ataman. Sie betreffe vor allem jüngere und ältere Menschen. „Zwar ist Altersdiskriminierung gesetzlich verboten, aber das weiß kaum jemand. Die meisten Menschen machen die Diskriminierungserfahrungen mit sich alleine aus, statt sich Beratung zu holen und sich zu wehren“, erklärte Ataman weiter.

Besonders jüngere Menschen berichteten in der Umfrage von Altersdiskriminierung. In der jüngsten befragten Gruppe der 16- bis 44-Jährigen gaben mit 52 Prozent mehr als die Hälfte der Menschen an, wegen ihres Alters schon diskriminiert worden zu sein.

Der Befragung zufolge entspricht der hohe Anteil unter jüngeren Menschen dem Forschungsstand vergleichbarer Analysen. Dies werde unter anderem mit einer stärkeren Sensibilität gegenüber Ungleichbehandlungen unter Jüngeren erklärt.

Dabei spiele häufig eine Rolle, dass jüngere Menschen mit ihren Anliegen nicht ernst genommen werden oder in vielen Bereichen für zu jung gehalten werden, etwa bei verwehrten Aufstiegschancen im frühen Erwerbsleben. Auch in der Schule oder beim Wahlrecht nähmen Jugendliche Ungleichbehandlungen wahr.

Ataman forderte deshalb ein gesellschaftliches Umdenken im Umgang mit Altersdiskriminierung. „Wir müssen über die negativen Altersbilder in unserer Gesellschaft reden: Noch immer glauben Menschen, ältere Kollegen am Arbeitsplatz seien eine Belastung. Das ist Unsinn und schadet der Wirtschaft“.

In der Altersgruppe zwischen 45 und 64 Jahren machten eigenen Angaben zufolge bisher 43 Prozent Erfahrungen mit Altersdiskriminierung, bei den über 65-Jährigen waren es 35 Prozent. Unter allen Menschen ab 45 Jahren wird die altersspezifische Benachteiligung am häufigsten im Berufsleben (39 Prozent), im Gesundheitsbereich (27 Prozent), bei Geschäften und Dienstleistungen (24 Prozent) und auf dem Wohnungsmarkt (22 Prozent) erlebt.

Daneben gebe es jedoch auch neue Diskriminierungserfahrungen im Zuge der Digitalisierung, erklärte Regina Görner, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO). Schwierig werde es etwa, wenn die Kommunikation nur noch über das Internet möglich sei und analoge Angebote in vielen Lebensbereichen einfach gestrichen würden.

„Dass man sich Hilfe suchen muss in Feldern, die man früher ohne fremde Unterstützung problemlos bewältigt hat, empfinden Ältere zu Recht als massive Rücksichtslosigkeit und als Entwertung ihrer Lebensleistung“, sagte Görner. „Das kommt jetzt überall noch hinzu und wird ja mit dem Grundsatz „digital only“ sogar zum politischen Programm erhoben – das können wir als BAGSO nicht hinnehmen“.

Von den Menschen, die schon mal Altersdiskriminierung erlebt haben, gingen sehr wenige dagegen rechtlich vor. Nur drei Prozent wandten sich der Umfrage zufolge an eine Beratungsstelle, um ihre Rechte nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz durchzusetzen. Die Untersuchung erklärt dies mit einer geringen Aufmerksamkeit und demzufolge einem geringen Problembewusstsein für das Thema.

Neben einem Nationalen Aktionsplan Antidiskriminierung schlug Ataman eine Novellierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vor, um die Rechte von Betroffenen zu stärken. Sie plädierte zudem dafür, die Interessen und Grundrechte Älterer bei der Digitalisierung und Nutzung Künstlicher Intelligenz konsequent zu schützen.

Dafür sei es notwendig, öffentliche und private Dienstleistungen auch weiterhin analog anzubieten und die Warnsignale der Seniorenorganisationen ernst zu nehmen. Das Verbot von Altersdiskriminierung müsse überdies im Grundgesetz verankert werden, so Ataman.

Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), sprach von einem „großen Ausmaß von Diskriminierung aufgrund des Lebensalters“. Gerade in einer älter werdenden Gesellschaft dürften Menschen nicht wegen ihres Alters diskriminiert werden.

Der DGB unterstütze die Forderung an die neue Bundesregierung, einen Nationalen Aktionsplan Antidiskriminierung vorzulegen und ein Verbot von Altersdiskriminierung im Grundgesetz zu verankern. Für die Umfrage waren im März 2025 rund 2.000 Menschen in Deutschland zu ihren Erfahrungen mit Altersdiskriminierung befragt worden.

nfs/afp

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