Bevölkerung offen für elektronische Patientenakte

Bad Neustadt – Eine Mehrheit der Bürger in Deutschland befürwortet die Opt-out-Regelung bei der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA). Das zeigt eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung und der Stiftung Münch. Die Opt-out-Regelung ist eine Widerspruchslösung – künftig alle sollen demnach Versicherten eine ePA erhalten, es sei denn, sie widersprechen dem aktiv.
Bisher muss die ePA vor der Einrichtung vom Versicherten aktiv freigeschaltet werden (Opt-in). Auch die Befüllung mit Daten und deren Nutzung in der Arztpraxis oder im Krankenhaus erfordern ein individuelles Einverständnis.
„Dieses komplizierte Einwilligungsverfahren dürfte einer der Gründe sein, weshalb in Deutschland bisher nicht einmal ein Prozent der Versicherten die ePA nutzen“, sagte Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung. In Österreich, wo Opt-out schon seit Jahren gelte, seien es 97 Prozent. „Mit Opt-out kann auch in Deutschland die ePA zur Datendrehscheibe im Gesundheitswesen werden“, so Etgeton.
In der Befragung gaben drei Viertel der Teilnehmenden an, die ePA auch selbst nutzen zu wollen. In Ostdeutschland fällt die Bereitschaft mit zwei Dritteln etwas geringer aus.
Den Nutzen der ePA sehen die meisten vor allem im Versorgungsalltag: Von einem schnellen und umfassenden Zugriff auf Informationen in der Arztpraxis versprechen sich die Befragten eine bessere medizinische Behandlung.
Mehr als ein Drittel (37 Prozent) erwartet auch eine Verbesserung im Arzt-Patienten-Verhältnis. Die größten Vorbehalte bestehen hinsichtlich des Datenschutzes und der Datensicherheit. Knapp die Hälfte der Befragten (48 Prozent) äußert Bedenken.
Das weitaus größte Vertrauen beim Umgang mit den Gesundheitsdaten genießt laut Befragung die Ärzteschaft, deutlich vor den Krankenkassen. Mit 47 Prozent gibt fast die Hälfte der befragten Personen an, dass die Hausarztpraxis die ePA befüllen soll. 40 Prozent der Befragten würden ihre Daten generell für alle behandelnden Ärztinnen und Ärzte freigeben.
„Die einen wollen, dass digital vorhandene Informationen von den Gesundheitsprofis auch ungefragt genutzt werden können. Die anderen möchten lieber die Hoheit über die eigenen Daten behalten. Die ePA kann unter Opt-out-Bedingungen beiden Gruppen gerecht werden“, erklärte Boris Augurzky, Vorstand der Stiftung Münch.
Wichtig ist laut den beiden Stiftungen nun eine umfassende Kommunikation. Diese müsse die jeweiligen Zielgruppen – Versicherte, Ärzteschaft und Krankenkassen – spezifisch ansprechen, mögliche Vorbehalte aufgreifen, aber vor allem den Nutzen der ePA ins Zentrum stellen.
„Beschäftigte im Gesundheitswesen verdienen aufgrund ihrer Doppelrolle hierbei besondere Beachtung: Sie müssen von den Vorzügen der ePA überzeugt sein, um die Versicherten glaubwürdig überzeugen zu können“, hieß es aus den beiden Stiftungen.
Das Befragungsinstitut Kantar hat für die Untersuchung im August und September 2022 insgesamt 1.871 Menschen im Alter ab 14 Jahren in Privathaushalten persönlich befragt. Dabei wurden ausschließlich Personen berücksichtigt, die auch das Internet nutzen.
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