Bundesfreiwilligendienst: Bilanz nach zehn Jahren

Berlin – Die Befürchtungen waren groß, als der Bundestag mit dem Wegfall des Wehrdienstes auch den Zivildienst abschaffte: Was passiert mit den Zivildienststellen in Krankenhäusern, Behinderteneinrichtungen oder Kulturstätten? Eine Bilanz.
Der Bundesfreiwilligen – kurz Bufdis – erfreut sich großer Beliebtheit. 400.000 Menschen haben inzwischen diese Art von Freiwilligendienst geleistet. Vor zehn Jahren kamen am 1. Juli die ersten Bufdis zu ihrem Einsatz. Insgesamt sind knapp 100.000 Freiwillige aus Deutschland derzeit im In- und Ausland in sozialen Einrichtungen, bei Sport- oder Umweltverbänden aktiv.
Ein Großteil von ihnen leistet allerdings ein Freiwilliges Soziales oder ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FSJ/FÖJ). Ursprünglich ging die Initiative für diesen Freiwilligendienst von den Kirchen aus. Bereits in den 1950er-Jahren organisierte die evangelische Kirche freiwillige Dienste, die sich vor allem an junge Frauen richteten. 1964 verabschiedete der Bundestag ein entsprechendes Gesetz.
Wie bei den FSJlern wuchs auch die Zahl der Interessenten bei den Bundesfreiwilligen rasch: Inzwischen sind es in jedem Jahr durchschnittlich rund 40.000 Freiwillige, die diesen Dienst ableisten. In der Regel sind das zwölf Monate; die Mindestdauer beträgt sechs und im Ausnahmefall kann der Dienst bis auf 24 Monate ausgedehnt werden.
Auch die Einsatzgebiete wurden in den vergangenen Jahren immer vielfältiger: Während Zivildienstleistende vor allem für Tätigkeiten im sozialen und ökologischen Bereich eingesetzt waren, können sich die Bufdis ähnlich wie die FSJler etwa im Kulturbereich, in der Denkmalpflege oder bei der Integrationshilfe engagieren.
2015 kam die Idee auf, Bewerber verstärkt in der Flüchtlingshilfe einzusetzen. So wurden zusätzliche Stellen geschaffen. Das Programm lief 2018 aus. Flüchtlinge, die den Dienst absolvieren wollen, sind aber nach wie vor willkommen, wie das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben betont.
Grundsätzlich müssen Bewerber ihre „Vollzeitschulpflicht“ absolviert haben und können damit den Dienst frühestens mit 15 oder 16 Jahren anfangen. Eine Altersgrenze nach oben gibt es nicht. Und so erlebt der Freiwilligendienst auch bei den Älteren großen Zuspruch – besonders in Ostdeutschland. Neben Schulabgängern, die die Zeit bis zur Ausbildung oder dem Studium überbrücken möchten, gibt es auch diejenigen, die sich beruflich umorientieren oder nach einer Auszeit wieder neu starten möchten.
Inzwischen ist rund ein Viertel der Bufdis älter als 27 Jahre, wobei Frauen in allen Altersgruppen den höchsten Anteil stellen. Die meisten Bufdis sind in Nordrhein-Westfalen beschäftigt, die wenigsten im Saarland. Sie alle haben sich bei einem Träger von Einrichtungen wie der Caritas, der Diakonie oder der Arbeiterwohlfahrt beworben. Von diesem erhalten sie ein Taschengeld von rund 400 Euro. Einige Träger stellen den Freiwilligen auch Unterkunft und Verpflegung. Abiturienten können den Dienst bei der Bewerbung für einen zulassungsbeschränkten Studiengang angeben.
Die Coronakrise stellte Bufdis und die entsprechenden Träger vor neue Herausforderungen: Viele Einrichtungen, in denen sie beschäftigt waren, mussten schließen. Oftmals sei es aber gelungen, diese Freiwilligen in einem anderen Bereich einzusetzen, berichtet der Pressereferent im zuständigen Bundesamt, Peter Schloßmacher.
Viele Bufdis hätten sich für Aufgaben im Pflegebereich beworben, die zügig auf Plattformen angeboten wurden. Auch die Bildungsseminare, auf die die Bufdis Anspruch haben, konnten demnach schnell auf digitale Formate umgestellt werden.
Inzwischen hat sich die Situation wieder etwas entspannt. Und trotz Pandemie hat das Bundesfamilienministerium sogar eine kleine Feier zum zehnjährigen Jubiläum geplant. Die Freiwilligendienste leisteten einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt, meint Caritaspräsident Peter Neher. „Denn wer einen solchen Dienst absolviert hat, schaut nachher anders auf seine Mitmenschen.“
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: