Datenbank über Opfer medizinischer Forschung in NS-Zeit veröffentlicht

Halle – Eine neue Onlinedatenbank soll die Schicksale der Opfer erzwungener medizinischer Untersuchungen während der Zeit des Nationalsozialismus sichtbar machen.
Die Sammlung enthalte Tausende Profile von Opfern und mutmaßlichen Opfern, teilten die Max-Planck-Gesellschaft und die Nationale Akademie der Wissenschaften mit. Sie haben die Datenbank heute gemeinsam mit beteiligten Forschenden vorgestellt.
Insgesamt seien in der Datenbankprofile von rund 16.000 Menschen zu finden, die nachweislich zum Opfer von NS-Zwangsforschung – unter anderem medizinischen Experimenten in Konzentrationslagern – geworden sind. Zudem seien mehr als 13.000 Profile von Menschen dort eingepflegt worden, bei denen die Forschung noch nicht abgeschlossen sei.
Mit der Datenbank soll eine Grundlage für weiterführende Studien und Analysen geschaffen werden, teilten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit. Teile von ihr sind auch für Privatpersonen zugänglich. So sind Namen und Lebensdaten der Opfer öffentlich einsehbar. Für die Öffentlichkeit solle das Gedenken an die Menschen im Vordergrund stehen, hieß es bei der Vorstellung der Datenbank.
Außerdem werden einzelne Schicksale an ausgewählten Menschen beispielhaft verdeutlicht. Wer für Forschung oder Recherche weiterführende Informationen – etwa Angaben zur Kranken- oder Verfolgungsgeschichte einzelner Opfer – haben möchte, könne diese beantragen, hieß es. Auf Antrag könnten auch Angehörige gesamte Datensätze zu ihren Verwandten bekommen.
Grundlage für die Datenbank sind Forschungen der Oxford Brookes University in Oxford. Außerdem stützt sie sich auf Ergebnisse eines Forschungsprojekts der Max-Planck-Gesellschaft, das sich mit Hirnforschung während der NS-Zeit befasste.
„Die Erinnerung an diese Katastrophe darf niemals verblassen", sagte Patrick Cramer, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, bei der Vorstellung. Man müsse Verantwortung übernehmen, gerade auch in der Wissenschaft. Die Datenbank sei ein wichtiges Forschungsinstrument, dass auch Angehörigen helfen solle, die Schicksale ihrer Vorfahren nachzuvollziehen.
„Das Projekt trägt zu einer Erinnerungskultur bei, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht", sagte Bettina Rockenbach, Präsidentin der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Viele Opfer seien bisher nicht wahrgenommen worden. Es sei eine gemeinsame Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Datenbank ein Mahnmal und ein Ort des Erinnerns werde.
Die 1652 gegründete Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat ihren Sitz in Halle (Sachsen-Anhalt) und vertritt die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien. Die Max-Planck-Gesellschaft hat 84 Institute und andere Einrichtungen, die Grundlagenforschung in den Natur-, Lebens-, Geistes- und Sozialwissenschaften betreiben.
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