Diphterie: Erkrankungszahlen in Europa rückläufig, vulnerable Gruppen weiter bedroht

Solna – Diphtherie ist in Europa vor allem ein Problem bestimmter vulnerabler Bevölkerungsgruppe, darunter Obdachlose, Drogenkonsumenten und nicht geimpfte Personen aus Drittländern. Das geht aus einer neuen Risikoabschätzung des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) hervor.
Danach ist das Risiko für die Allgemeinbevölkerung bei hoher Durchimpfungsrate sehr gering – aber für bestimmte vulnerable Gruppen „moderat“.
Zwischen 2009 und 2020 wurden im Europäischen Wirtschaftsraum jährlich durchschnittlich 21 bestätigte Fälle von Diphtherie gemeldet, die durch toxigene Corynebacterium diphtheriae (C. diphtheriae ) verursacht wurden.
Im Jahr 2022 wurden 320 Fälle (318 bestätigte und zwei wahrscheinliche) gemeldet. Die meisten Fälle standen im Zusammenhang mit drei Sequenztypen: ST377, ST384 und ST574.
Bis Ende 2022 hatten schnelle Reaktionsmaßnahmen dazu beigetragen, diesen Ausbruch einzudämmen, und die Gesamtzahl der gemeldeten Diphtheriefälle in Europa ist laut dem ECDC seitdem stetig zurückgegangen.
Zwischen 2023 und 2025 meldeten die Länder des Europäischen Wirtschaftsraums dem ECDC 82 Fälle, die durch C. diphtheriae ST574 verursacht wurden. Davon betrafen mindestens 25 Personen aus gefährdeten Gruppen.
Jüngste Daten deuten darauf hin, dass C. diphtheriae ST574 nach 2022 in einigen Ländern weiter zirkulierte.
In Deutschland etwa wurden zwischen 2022 und 2025 insgesamt 126 ST574-Fälle registriert, darunter mehrere Cluster in Frankfurt am Main und Berlin, teils mit Todesfällen. Ein Teil dieser Fälle betraf Personen ohne Migrationshintergrund, was laut dem ECDC auf eine autochthone Übertragung hindeutet.
„Ärztinnen und Ärzte sollten darauf hingewiesen werden, dass sie bei der Differentialdiagnose von Patienten mit einem kompatiblen klinischen Bild auch an Diphtherie denken müssen“, empfiehlt das ECDC.
Es bestehe ein moderates Risiko für Gruppen, die anfällig für Infektionen seien – beispielsweise neu angekommene Migranten, Obdachlose, Menschen, die in Übergangsunterkünften wohnten, arbeiteten oder ehrenamtlich tätig seien, sowie Menschen, die Drogen konsumierten, wenn sie nicht geimpft seien.
Die ECDC empfiehlt besonders eine „Förderung und Überwachung des gleichberechtigten Zugangs zu Impfungen“ – insbesondere für Gruppen, die von sozialer Marginalisierung bedroht seien wie Migranten und für Bevölkerungsgruppen, die anfälliger für Infektionen seien, zum Beispiel aufgrund chronischer Erkrankungen.
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