Vermischtes

Elektronische Patientenakte: Hoffnung auf mehr Zulauf

  • Montag, 29. September 2025
/HNFOTO, stock.adobe.com
/HNFOTO, stock.adobe.com

Berlin – Kurz vor dem Start der verpflichtenden Verwendung der neuen elektronischen Patientenakten (ePA) in den Arztpraxen zieht das Interesse unter Versicherten etwas mehr an. Bei der Techniker Krankenkasse (TK), den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) und der Barmer haben 1,37 Millionen Versicherte ihre ePA für sich selbst freischalten lassen, wie die Kassen mitteilten.

Das sind knapp 170.000 mehr als Mitte Juli – bei jedoch insgesamt 45 Millionen angelegten ePA. Die Kassen setzen auf einen Schub, wenn Praxen ab übermorgen (1. Oktober) wichtige Daten in die E-Akten laden müssen.

„Mit der Verpflichtung zur Befüllung und Nutzung der ePA ab dem 1. Oktober dürfte sich der Anteil der Versicherten, die mit dem Thema in Berührung kommen, deutlich erhöhen“, sagte die Chefin des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann. TK-Chef Jens Baas sagte, jetzt komme die entscheidende Phase. „Nur wenn die ePA zu jedem Arztbesuch selbstverständlich dazugehört, wird sie ihren vollen Nutzen entfalten.“

Rund 70 Millionen der gut 74 Millionen gesetzlich Versicherten haben schon seit Januar eine ePA von ihrer Krankenkasse angelegt bekommen, was man für sich auch ablehnen kann.

Der Einsatz in Gesundheitseinrichtungen wurde zuerst in drei Regionen getestet und dann ab dem Frühjahr bundesweit ausgedehnt. Bisher konnten Ärzte die ePA auf freiwilliger Basis nutzen und Daten für ihre Patienten einstellen. Zum 1. Oktober greift für sie nun eine Pflicht.

Zuletzt mussten Einrichtungen teils noch auf Softwaremodule für den ePA-Einsatz warten. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) konnte ein Fünftel der Praxen deshalb zunächst nicht mit der ePA arbeiten. Laut Gematik sollen zum 1. Oktober mehr als 90 Prozent der Praxen, Zahnarztpraxen und Apotheken dafür technisch ausgestattet sein.

Rund 58.000 der 98.500 Arztpraxen nehmen nach Angaben der mehrheitlich bundeseigenen Digitalagentur Gematik derzeit teil. Schon dabei sind demnach auch 19.700 Zahnarztpraxen, knapp 6.500 Apotheken und 727 Kliniken. Bei den Kliniken wird nach Branchenangaben damit gerechnet, dass ein Großteil die ePA wohl erst im Laufe des nächsten Jahres krankenhausweit einsetzen kann.

Etwas mehr Versicherte nutzen ePA aktiv

Einer vom AOK-Bundesverband beauftragten Forsa-Befragung zufolge befürwortet eine große Mehrheit der gesetzlich versicherten Menschen in Deutschland (83 Prozent) die Regelung zur verpflichtenden Befüllung der Akte durch die Ärzte, nur 14 Prozent lehnen sie ab.

Allerdings zeigt die Befragung nach wie vor viel Informationsbedarf beim Thema ePA. So gibt die Mehrheit der Befragten (54 Prozent) an, sich persönlich weniger gut oder gar nicht gut über die elektronische Patientenakte informiert zu fühlen. 45 Prozent sehen sich dagegen sehr gut oder eher gut informiert.

Bei der Betrachtung der verschiedenen Altersgruppen zeigt sich eine Abweichung in der Gruppe der ältesten Befragten über 60 Jahre: Hier überwiegt mit 52 Prozent der Anteil derer, die sich sehr gut oder eher gut informiert fühlen.

„Offenbar haben sich gerade die älteren Menschen, die häufiger von Erkrankungen betroffen sind und öfter in die Arztpraxis müssen, schon intensiver mit dem Thema ePA und den Vorteilen der Patientenakte auseinandergesetzt“, sagte Reimann.

Die befragten Versicherten, die seit Januar 2025 in ärztlicher Behandlung waren, sind bisher kaum mit dem Thema elektronische Patientenakte in Berührung gekommen: 84 Prozent der Menschen mit einem Arztbesuch im laufenden Jahr geben an, dass die ePA in der Arztpraxis bisher kein Thema gewesen sei. Neun Prozent berichten, dass sie schon vom Arzt, der Ärztin oder Praxisangestellten darauf angesprochen worden seien, sechs Prozent haben das Thema ePA selbst angesprochen.

Großes Interesse am Zugriff auf Gesundheitsdaten

Das Interesse der gesetzlich Versicherten an der Nutzung der ePA ist jedenfalls groß. In der aktuellen forsa-Befragung geben 88 Prozent der gesetzlich Versicherten an, Interesse daran zu haben, über ihre elektronische Patientenakte künftig Gesundheitsdaten wie beispielsweise Arztbriefe oder Laborbefunde einzusehen.

Etwas weniger ausgeprägt ist das Interesse daran, in Zukunft selbst Dokumente in der eigenen ePA zu speichern und seinen Ärztinnen und Ärzten zugänglich zu machen: 63 Prozent stimmen in der aktuellen Befragung eindeutig oder eher zu, 18 Prozent äußern sich ablehnend.

Auf die Frage, wer Informationen zur elektronischen Patientenakte bereitstellen sollte, sehen die Befragten vor allem die Krankenkassen in der Pflicht (92 Prozent), gefolgt von staatlichen Stellen wie dem Bundesgesundheitsministerium (75 Prozent), den ärztlichen Praxen (71 Prozent) und den Medien (53 Prozent).

Auch hier gibt es Unterschiede zwischen den verschiedenen Altersgruppen: Von den jüngeren Befragten zwischen 18 bis 29 Jahren werden die Medien mit 73 Prozent deutlich häufiger genannt als von der ältesten Gruppe der Menschen über 60 Jahren (40 Prozent).

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) beklagte eine enttäuschende Anlaufphase der Patientenakte. „Die Einführung war zu bürokratisch und für viele nicht nachvollziehbar“, sagte die Vorsitzende Michaela Engelmeier. Es brauche deutlich mehr Barrierefreiheit, einfache Sprache und umfassende Aufklärung.

Für die 8,7 Millionen Privatpatienten läuft es mit der ePA nicht so automatisch. Private Versicherungen können sie auf freiwilliger Basis für Patienten anlegen, die eine Krankenversichertennummer zur eindeutigen Identifikation haben.

Aktuell bieten fünf der 36 Unternehmen mit Krankheitsvollversicherungen ePA an, wie der Verband auf Anfrage mitteilte. E-Rezepte könnten Versicherte von 15 Versicherungsunternehmen nutzen. Damit könnten mehr als 3,7 Millionen Privatversicherte mindestens eine der beiden Digitalanwendungen nutzen.

kna

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung