Der breite Start der elektronischen E-Patientenakten in Praxen hakt

Berlin – Zum 1. Oktober wird es für Ärzte Pflicht, wichtige Befunde in die elektronische Patientenakte (ePA) einzutragen, damit sie für weitere Behandlungen immer parat stehen können. Kurz vor dem Start sind die technischen Voraussetzungen aber noch nicht überall da, weil Praxen auf erforderliche Softwaremodule warten müssen.
„Nach unserem letzten Stand sind etwa 80 Prozent der Praxen mit einem solchen Modul ausgerüstet“, sagte das Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Sibylle Steiner.
„Dass etwa ein Fünftel der Praxen noch nicht mit der ePA arbeiten können, sehen wir sehr kritisch.“ Von einigen Anbietern von Praxisverwaltungssystemen wisse man, dass das ePA-Modul im vierten Quartal nachgeliefert werden solle. Von anderen Herstellern gebe es gar keine Rückmeldung.
Steiner sagte, man werde weiter darauf drängen, dass so schnell wie möglich alle Praxen in die Lage versetzt würden, die ePA in den Arbeitsalltag zu integrieren. Bei Verzögerungen drohten jedoch paradoxerweise den Praxen Sanktionen bei der Vergütung. Das sei vollkommen inakzeptabel.
„Es kann nicht sein, dass die Praxen bestraft werden, wenn Hersteller der Softwaresysteme es nicht rechtzeitig schaffen, Module für den ePA-Einsatz bereitzustellen“, so Steiner.
Schon seit Januar haben rund 70 Millionen der gut 74 Millionen gesetzlich Krankenversicherten eine ePA von ihrer Krankenkasse angelegt bekommen. Das läuft nach einer Reform der Ampelkoalition automatisch, wenn man nicht aktiv widerspricht.
Die ePA soll den Patienten ein Leben lang begleiten können. Indem sie Untersuchungsbefunde, Laborwerte oder Angaben zu Medikamenten zentral bündelt, soll sie zu besseren Behandlungen beitragen.
Nutzung in Praxen und anderen Einrichtungen zieht an
Der Betrieb in Gesundheitseinrichtungen wird seit dem Frühjahr bundesweit ausgedehnt. Noch befüllen Ärztinnen und Ärzte die E-Akten auf freiwilliger Basis. Rund 58.000 der 98.500 Arztpraxen in Deutschland nehmen nach Angaben der Gematik teil. Schon dabei sind demnach auch knapp 20.000 Zahnarztpraxen, rund 6.500 Apotheken und 727 Kliniken. Zuletzt wurden wöchentlich 1,9 Millionen Dokumente hochgeladen.
Es zeige sich deutlich, dass die Praxen Vorreiter bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen seien, sagte KBV-Vorstand Steiner. Vor allem stationäre Einrichtungen müssten endlich nachziehen. „Viele Praxen berichten, dass sie nach wie vor Faxgeräte vorhalten müssen, damit die Kommunikation mit den Krankenhäusern und der Pflege läuft.“ Im Informationsaustausch über die Entlassbriefe von Kliniken sähen Praxen aber den größten Mehrwert der ePA.
Kliniken rechnen mit späterer ePA-Anbindung
Bei den Kliniken ist zum 1. Oktober keine flächendeckende Anbindung an die ePA zu erwarten, wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft Anfang September mitgeteilt hatte. Schon in der Pilotphase sei klar geworden, dass die Einführung nicht mit einem einfachen Softwareupdate getan sei.
Die Voraussetzungen seien komplexer und nicht mit kleineren Einrichtungen wie Praxen vergleichbar. Laut einer Befragung unter 382 Kliniken gehen 58 Prozent davon aus, dass die ePA erst im Laufe des nächsten Jahres krankenhausweit einsetzbar sein kann.
In den Praxen muss sich nun bald zeigen, wie der breite Einsatz startet. Wenn man seine Versichertenkarte am Anmeldetresen einsteckt, gibt man einen Zugriff für 90 Tage frei. „Häufig ist es so, dass beispielsweise die Hausärztin ihren Patientinnen und Patienten mitteilt, dass sie nun erstmalig die ePA befüllt“, erläuterte KBV-Vorstand Steiner.
Aus Praxen höre man leider immer wieder, dass Patienten noch wenig über die ePA wissen. Die Kassen hätten die Pflicht, umfassend darüber zu informieren. „Hier besteht aus unserer Sicht noch deutlicher Nachholbedarf.“ Die Praxisteams hätten keine Kapazitäten dafür.
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