Vermischtes

Ethiker warnt vor Paradigmenwechsel durch neue Bluttests

  • Mittwoch, 23. Oktober 2019
/science photo, stockadobecom
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Berlin – Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, hat vor einem Paradig­menwechsel durch immer neue vorgeburtliche Bluttests gewarnt. Die Gesellschaft drohe in einen „tiefgreifenden, durchgreifenden und umfassenden Check des vorgeburtlichen Lebens“ hineinzukommen, sagte Dabrock gestern Abend in Berlin.

In der vergangenen Woche war ein neuer Bluttest auf den deutschen Markt gekommen, der mehrere Krankheiten – darunter Mukoviszidose – beim Embryo in einem frühen Stadium erkennen soll.

Die Frage sei, wer am Ende überhaupt noch bestehen könne, sagte Dabrock bei einer Diskussion zur Pränataldiagnostik und zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung im Bundessozialministerium. „Auf die ein oder andere Weise sind wir ja alle mehr oder minder da oder dort genetisch anfällig.“

Wenn sich die Gesellschaft das Leben von den in vielen Fällen hochgradig unsicheren Prognosen solcher Tests bestimmen lasse, bringe sie sich selbst in eine Unfreiheit. Zur Freiheit gehöre Verletzlichkeit dazu. Pränatale Medizin habe zwar auch viel Gutes, berge aber die große Gefahre für die Durchsetzung von Grundrechten, die jeder habe und ver­diene, meinte Dabrock.

Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, kritisierte wie auch Da­brock und andere Experten, dass die Debatte um die Bluttests sehr oft einem rein medizi­nischen Begriff von Behinderung verhaftet bleibe. Das eigentliche Problem sei, dass es immer noch ein Ausgrenzungs- und Armutsrisiko gebe. Zudem brauche es Dialog und Be­gegnungen. Dusel betonte, dass Inklusion die Umsetzung fundamentaler Grundrechte sei.

Man müsse über das Bild reden, dass die sogenannte Mehrheitsgesellschaft von Men­schen mit Behinderung habe, sagte der Beauftragte. Das Leben mit einem Kind mit Be­hin­derung sei niemals eine Bürde. Vielmehr erschwerten die Rahmenbedingungen den Eltern das Leben. „Wir müssen es schaffen, dass Familien mit behinderten Kindern die Unterstützung staatlicherseits bekommen, die sie brauchen.“

Es sei wichtig, dass werdende Eltern positive Beispiele hätten, sagte Horst Frehe vom Deutschen Behindertenrat. Man müsse sehen können, dass Barrieren überwunden wer­den könnten. Noch schöner wäre seinen Angaben zufolge, wenn es weniger Barrieren gäbe. Als konkrete Unterstützung nannte Frehe etwa Haushaltshilfen für Eltern mit be­hinderten Kindern oder alltägliche Frühförderung im Kindergarten.

kna

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