Vermischtes

Fünfmal mehr Babys wegen RS-Virus in Krankenhäusern

  • Donnerstag, 2. März 2023
/picture alliance, Marijan Murat
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Berlin – In Deutschland ist im Winter des vergangenen Jahres die Zahl der Neugeborenen und Säuglinge, die wegen des Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) im Krankenhaus behandelt werden mussten, deutlich gestie­gen.

Ein Grund: Durch Schulschließungen und Kontaktverbote während der Pandemie hatten sich deutlich weniger Kinder mit RSV infiziert – das wurde dann im jetzt zu Ende gehenden Winter auf- und nachgeholt.

Hochgerechnet auf alle in Deutschland lebenden Kinder mussten im vierten Quartal 2022 rund 17.000 unter Einjährige im Krankenhaus behandelt werden, wie eine Analyse im Auftrag der DAK-Gesundheit ergab.

Das seien fünfmal mehr als im gleichen Zeitraum 2018. Der Anteil auf den Intensivstationen sei um 350 Pro­zent gestiegen. Für die DAK-Sonderanalyse untersuchten Wissenschaftler Daten von rund 786.000 Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren. Analysiert wurden die Jahre 2017 bis 2022.

An dem RS-Virus kann man in jedem Alter erkranken, aber vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern ist der Erreger bedeutsam. Es kann sich um eine einfache Atemwegsinfektion handeln, aber auch schwere Verläufe bis hin zum Tod sind möglich. Zu Risikopatienten zählt das RKI zum Beispiel Früh­geborene und Kinder mit Lungenvorerkrankungen, aber auch generell Menschen mit Immunschwäche oder unterdrücktem Immunsys­tem.

Als Grund nennt die Studie unter anderem Nachholeffekte wegen der Coronapandemie: Denn die Saison 2020 / 2021 für RS-Viren sei wegen der Schutzmaßnahmen nahezu ausgefallen, sagte Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (bvkj). „Die Ergebnisse zeigen genau das, was wir in den Pra­xen erlebt haben.“ Der Ausfall der Welle 2020/21 und das zeitliche Vorziehen der sehr starken Welle 2021/22 zeigten, dass es erhebliche Nachholeffekte gab.

Ähnlich sieht das Johannes Liese, Leiter des Bereichs pädiatrische Infektiologie und Immunologie am Univer­si­tätsklinikum Würzburg. Durch die Schulschließungen und Kontaktverbote während der Coronapandemie hätten sich deutlich weniger Kinder mit RSV infiziert. „Das Aufholen beziehungsweise Nachholen dieser RSV-Infektionen nach Lockerung der Coronamaßnahmen führte zu einem überaus starken Wiederanstieg an RSV-Erkrankungen in allen Altersgruppen“, sagte Liese.

Beim Robert-Koch-Institut (RKI) heißt es unter Berufung auf Schätzungen, dass RSV-Atemwegserkrankungen weltweit mit einer Inzidenz von 48,5 Fällen und 5,6 schweren Fällen pro 1.000 Kinder im ersten Lebensjahr vorkommen.

Innerhalb des ersten Lebensjahres hätten normalerweise 50 bis 70 Prozent und bis zum Ende des zweiten Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine Infektion mit RSV durchgemacht. Im Zuge der Corona­schutzmaßnahmen waren viele solche Infektionen allerdings zeitweise ausgeblieben.

DAK-Chef Andreas Storm mahnt eine Reaktion an. „Unsere Analyse zeichnet ein dramatisches Bild und macht deutlich: Es gibt einen akuten Handlungsbedarf der Politik“, sagte Storm. „Wir müssen im Klinikbereich und im ambulanten Sektor in Zukunft besser auf Infektionswellen vorbereitet sein. Es kann nicht sein, dass vorhande­ne Behandlungsplätze wegen Personalmangels nicht genutzt werden können. Das müssen wir künftig unbe­dingt vermeiden.“

dpa

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