Vermischtes

Gesellschaft über Depressionen aufklären, um Betroffenen zu helfen

  • Freitag, 29. September 2023
Teresa Enke, Witwe von Fußballtorwart Robert Enke und Vorstandsvorsitzende der Robert-Enke-Stiftung (Archivbild). /picture alliance, Moritz Frankenberg
Teresa Enke, Witwe von Fußballtorwart Robert Enke und Vorstandsvorsitzende der Robert-Enke-Stiftung (Archivbild). /picture alliance, Moritz Frankenberg

Berlin – Die Aufklärungsarbeit und das öffentliche Bewusstsein für psychische Erkrankungen haben sich in den vergangenen Jahren deutlich gebessert, an der Entstigmatisierung muss trotz alledem weitergearbeitet werden. Zu diesen Erkenntnissen kam die parlamentarische Frührunde zum Thema „Wege aus der Depression – Die vernachlässigte Volkskrankheit“ in dieser Woche.

„Besonders nach der Coronapandemie befassen sich die Menschen viel intensiver mit ihrer mentalen Gesundheit“, erklärte Teresa Enke, Witwe des ehemaligen Fußballers Robert Enke sowie Gründerin und Vorstand der Robert-Enke-Stiftung, in der Podiumsdiskussion.

Als ihr Mann an Depressionen erkrankte, seien psychische Erkrankungen wenig öffentlich thematisiert worden, so Enke. Die Stigmatisierung im Profisport sei belastend gewesen. Sie hätten sich Geschichten ausdenken müssen, um sich nicht öffentlich zu der Erkrankung bekennen zu müssen. Glücklicherweise habe die Aufklärungsarbeit in den vergangenen Jahren zugenommen und psychische Erkrankungen würden viel offener kommuniziert, sagte sie.

Das bestätigten auch Sabine Köhler, niedergelassene Psychiaterin, und Andreas Reif, Direktor der Klinik für Psy­chia­trie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Frankfurt. Entstigmatisierungskampagnen seien dabei eine große Hilfe. Die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für psychische Erkrankungen wie Depressio­nen wachse, viele Menschen nähmen erste Symptome dadurch frühzeitiger wahr als noch vor einigen Jahren.

Dies führe jedoch auch dazu, dass sich immer mehr Betroffene nach Therapieangeboten umschauten und die Nachfrage sehr hoch sei, erklärte Köhler, die auch Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Nervenärzte ist. Es müsse darauf geachtet werden, dass die Behandlungen vor allem für psychisch schwer Erkrankte zugänglich blieben und keine zu langen Wartezeiten entstünden.

„Einen Therapieplatz zu bekommen, ist äußerst schwer“, bestätigte auch Horst Trumpp, Betroffener und Gesicht der Initiative „Gemeinsam Gegen Depression“, die vom Pharmaunternehmen Janssen-Cilag unterstützt wird. Er setzt sich seit Jahren dafür ein, dass Depressionen gesehen werden und Erkrankten geholfen wird.

Viele Menschen, die zurzeit akut betroffen sind, suchten verzweifelt nach freien Therapieangeboten, erzählte Trumpp. Aus eigener Erfahrung weiß er, dass einem als Patient auch schnell die Übersicht über die vielen Behand­lungsmöglichkeiten fehle. Er wünscht sich an dieser Stelle eine bessere Unterstützung von außen, etwa in Form von Lotsen.

Diese Lotsen würden Erkrankte durch das Gesundheitssystem führen und ihnen zum Beispiel bei der Suche nach einem Therapieplatz helfen, erklärte Reif vom Uniklinikum Frankfurt. Für die professionelle Unterstützung spricht sich auch Köhler aus, die eine Praxis in Jena führt.

Es müssten insgesamt mehr Ressourcen geschaffen und genutzt werden, um psychisch Erkrankten schnelle Hilfen anbieten zu können – auch, damit sich die Krankheit nicht chronifiziere. Reif zufolge müsse zudem die Grundla­gen­forschung stärker ausgebaut werden.

Daneben sei es wichtig, frühzeitig anzusetzen und das Umfeld potenziell Betroffener zu sensibilisieren, erklärte Enke. Dies beziehe sich nicht nur auf Familie und Freunde, sondern auch auf das Arbeitsumfeld. Je früher bemerkt werde, dass sich eine Person verändere und Freude an geliebten Beschäftigungen oder Menschen verliere, desto eher könne dem Betroffenen geholfen werden.

Kristine Lütke, Berichterstatterin für psychische Gesundheit der FDP-Bundestagsfraktion, sprach sich für präven­tive Maßnahmen aus, um den volkswirtschaftlichen Schaden möglichst gering zu halten und psychischen Erkran­kungen frühzeitig entgegenzuwirken.

Auch wenn das öffentliche Bewusstsein für psychische Erkrankungen in den vergangenen Jahren gestiegen sei, müsse noch mehr getan werden. Weitere Entstigmatisierungskampagnen wären wichtig, waren sich die Diskus­sionsteilnehmer einig.

nfs

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