Illegale Drogen: Suchthilfe fordert Ausbau schadensminimierender Angebote

Mannheim – Der Fachverband Drogen- und Suchthilfe (fdr+) weist auf „beunruhigende Trends“ hin, wie die Zunahme des Konsums von synthetischen Drogen. Ebenso steigen demnach der polyvalente Drogenkonsum und damit auch die Zahl der drogeninduzierten Todesfälle.
Das berichtete Geschäftsführerin Eva Egartner heute bei einer Pressekonferenz im Rahmen des fdr+- Jahreskongresses, der noch bis zum 14. Mai in Mannheim stattfindet. Der Fachverband vertritt die Praktikerinnen und Praktiker aus der Suchthilfe.
„Die Konsumierenden wissen oft nicht, was sie zu sich nehmen; bei den jungen Personen sehen wir eine große Drogennaivität“, sagte Egartner. Die drogeninduzierten Todesfälle haben sich ihr zufolge seit 2013 verdoppelt; zu den aktuellen Zahlen gebe es bisher allerdings nur länderspezifische Auswertungen vom Bundesministerium für Gesundheit.
In Baden-Württemberg ist laut der Expertin die Zahl der Drogentodesfälle seit 2013 um mehr als 38 Prozent gestiegen und damit auf dem höchsten Stand seit mehr als 20 Jahren. Das größte Problem seien dort die sogenannten Legal Highs, also synthetische Substanzen, die in ihrer Wirkung meist denen von Cannabis oder Amphetaminen ähneln. Von 195 verstorbenen Personen konsumierten 126 Personen vor ihrem Tod mehrere Drogen.
Eine Zunahme an Drogentoten und den höchsten Stand seit 25 Jahren hat der fdr+-Geschäftsführerin zufolge Hamburg zu verzeichnen. Auch in Bremen, Schleswig-Holstein und Sachsen starben mehr Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums als 2023.
Bayern hatte 2023 ein „Allzeithoch“ an Toten zu beklagen, darunter fünf Minderjährigen und 16 Personen zwischen 18 und 21 Jahren. „Die Zunahme von Todesfällen von jungen Menschen finden wir sehr beunruhigend; der Altersdurchschnitt der Todesfälle liegt allgemein bei etwa 40 Jahren“, sagte Egartner.
Der Fachverband Drogen- und Suchthilfe fordert deshalb von der Politik Drogenkonsumräume in jedem Bundesland und größeren Stadt einzurichten. Das reduziere das Risiko von Überdosierungen, weil sich Notfallmaßnahmen zügig einleiten ließen.
Auch die Gefahr von Infektionen durch saubere Spritzen sei geringer. Zudem könnten Drogenabhängige in Suchthilfemaßnahmen vermittelt werden. Drogenkonsumräume verringerten zudem den Konsum im öffentlichen Raum,
Auch Notschlafstellen seien wichtig zur Schadensminimierung bei Drogenkonsum. Sie verringerten das Erkrankungsrisiko durch das Angebot sanitärer Einrichtungen, und böten Schutz vor Gewalt im öffentlichen Raum. Auch von dort sei die Vermittlung in Suchthilfeeinrichtungen möglich.
Weiter setzt sich der fdr+ dafür ein, den Opioidantagonisten Naloxon auch für Personen im Umfeld von Drogenabhängigen freizugeben. Zudem solle das Mittel standardmäßig in Rettungswagen und Polizeifahrzeugen zur Verfügung stehen, um tödliche Verläufe zu verhindern.
Darüber hinaus sollte dem Fachverband zufolge Drug Checking von illegalen Substanzen als Möglichkeit in allen Suchthilfeeinrichtungen angeboten werden, um Vergiftungen und Überdosierungen zu verhindern. Drug Checking sollte zudem um Schnelltests für die Analyse von Fentanyl erweitert werden.
Schließlich sollte es Substitutionsangebote flächendeckend in jedem Bundesland geben. Nach Angaben des fdr+ dünnt sich das Angebot derzeit aus, weil immer mehr engagierte ältere Suchtmediziner mit Schwerpunktpraxen in den Ruhestand gingen.
Die Rahmenbedingungen für Substitution müssten attraktiver gestaltet werden, damit beispielsweise auch Hausärzte sie anbieten wollten. Auch die Angebote zur Diamorphinsubstitution sollten erweitert werden, erklärte der Fachverband.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: