Vermischtes

Klimawandel hat zunehmend Einfluss auf Gesundheit von Erwerbstätigen

  • Mittwoch, 3. September 2025
/Robert Kneschke, stock.adobe.com
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Berlin – Hitzebelastung führt bei Beschäftigten des Gesundheits- und Sozialwesens offenbar besonders häufig zu Kreislaufproblemen. Dies geht aus dem neuen Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK) hervor, der heute in Berlin vorgestellt wurde.

Insgesamt wiesen Frauen bei dieser Diagnose höhere Fallzahlen auf. Besonders betroffen waren außerdem junge Erwerbstätige zwischen 15 und 30 Jahren.

Untersucht wurden für den Report nachweisbare Zusammenhänge zwischen Hitzetagen und Krankschreibungen von TK-Versicherten aufgrund bestimmter Diagnosen. Den Daten zufolge wurden Arbeitnehmer rund um Hitzetage im Jahr 2024 mehr als doppelt so häufig wie saisonal erwartet wegen bestimmter Erkrankungen krankgeschrieben.

Dazu zählten neben den Kreislaufproblemen etwa Borreliose infolge eines Zeckenbisses, Insektenstiche, niedriger Blutdruck, Sonnenbrand und bestimmte Wundinfektionen. Am häufigsten wurden Beschäftigte nach Hitzetagen wegen Hitzschlag oder Sonnenstich krankgeschrieben. Davon waren wiederum besonders häufig junge männliche Beschäftigte in der Baubranche betroffen.

„Insgesamt betrachtet machen die Diagnosen, die in einem offensichtlichen Zusammenhang mit höheren Temperaturen stehen, bislang nur einen sehr kleinen Anteil am Gesamtkrankenstand aus“, sagte Thomas Grobe vom Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen (aQua-Institut), das die Untersuchung durchgeführt hat.

„Nicht jede Belastung führt gleich zu einer Krankschreibung, selbst wenn die persönliche Leistungsfähigkeit erheblich sinkt. Das heißt, wir sehen in den Daten der Erwerbstätigen aktuell sinngemäß nur die Spitze des Eisbergs“, so Grobe.

Einfluss auf den Arbeitsplatz

Neben der Untersuchung der Krankschreibungen wurde für den Report auch eine Umfrage unter rund 1.000 Beschäftigten aus verschiedenen Branchen durchgeführt. Gefragt wurde nach den Auswirkungen des Klimawandels auf die Arbeitswelt und die Gesundheit von Erwerbstätigen.

Demnach gaben rund 60 Prozent der Befragten an, dass der Klimawandel ihren Arbeitsplatz und ihre Gesundheit bereits beeinflusst oder in den vergangenen Jahren beeinflusst hat.

Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass sich Beschäftigte, die überwiegend draußen arbeiten, deutlich mehr von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen fühlen als Beschäftigte, die drinnen arbeiten (77 Prozent und 50 Prozent).

Erwerbstätige, die überwiegend körperlich arbeiten, spüren die Folgen des Klimawandels deutlicher als Berufstätige, die ihre Arbeit überwiegend im Sitzen ausführen (75 Prozent und 39 Prozent).

Aus Sicht der Beschäftigten hat der Klimawandel besonders Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit (49 Prozent) und auf körperliche Erkrankungen (45 Prozent). Häufig wurden auch eine geringere Leistungsfähigkeit und Produktivität genannt (43 Prozent).

„Der Klimawandel ist ein Gesundheitsrisiko, vor dem die Arbeitswelt nicht die Augen verschließen darf“, betonte Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. „Starke und langandauernde Hitze hat bereits jetzt Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit der Menschen am Arbeitsplatz. Hitze macht müde, geht auf den Kreislauf und kann zu Konzentrationsstörungen führen. Die Gefahr von Arbeitsunfällen steigt und die Produktivität der Beschäftigten nimmt ab“, so Baas.

Neben den Arbeitnehmern wurden auch rund 350 Arbeitgeber zur Wahrnehmung der Situation befragt. Sie schätzen das Thema derzeit noch weniger dringlich als die Beschäftigten ein.

„Nur rund 40 Prozent der befragten Unternehmensverantwortlichen sehen aktuell Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit ihrer Angestellten“, sagte Fabian Krapf, Geschäftsführer des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG), das die Umfrage im Auftrag der TK durchgeführt hat.

„Auch hat bisher nur ein kleiner Anteil der befragten Unternehmen bereits Maßnahmen ergriffen, um negativen Folgen vorzubeugen“, so Krapf. Gründe der Arbeitgeber sind zu hohe Kosten (41 Prozent), bürokratischer Aufwand (28 Prozent), organisatorischer Aufwand (27 Prozent), keine klaren gesetzlichen Vorgaben (25 Prozent) und fehlende technische Voraussetzungen (24 Prozent).

Arbeitnehmer wünschen sich der Umfrage zufolge vor allem ein Bewusstsein für nachhaltiges Verhalten innerhalb des Unternehmens (38 Prozent), bauliche Anpassungen wie Klimaanlagen (35 Prozent) und flexiblere Arbeitszeiten (27 Prozent).

Krapf betonte, dass die gesundheitlichen Auswirkungen auf die Beschäftigten in den kommenden Jahren weiter zunehmen werden. Arbeitgeber sollten daher schon bald die Gelegenheit ergreifen, entsprechende Maßnahmen zu planen.

Besonders die psychische Gesundheit spielt laut Krapf eine große Rolle. Eine offene Kommunikation über die Bedeutung des Klimawandels für das Unternehmen könne Vertrauen und Orientierung bei den Beschäftigten schaffen.

„Für uns als Krankenkasse sind die Ergebnisse eindeutig: Betriebe müssen sich aktiv mit dem Thema Arbeiten im Klimawandel auseinandersetzen“, forderte Baas. „Dabei gilt es, die spezifischen Bedürfnisse der verschiedenen Branchen im Blick zu behalten. Im Rahmen eines professionellen Betrieblichen Gesundheitsmanagements können geeignete, gesundheitsförderliche Strukturen, etwa für Hitzeschutz, etabliert werden“.

Dies fördere nicht nur die Gesundheit, sondern steigere auch die Zufriedenheit der Beschäftigten und ermögliche ein gutes Arbeiten, so der TK-Vorstandsvorsitzende.

nfs

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