Vermischtes

Knapp 3.000 Euro für einen Heimplatz, Eigenanteile steigen

  • Donnerstag, 6. Februar 2025
/agenturfotografin, stock.adobe.com
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Berlin – Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssen erneut tiefer für einen Heimplatz in Deutschland in die Tasche greifen. Wie eine Auswertung des Verbands der Ersatz­kassen (vdek) zeigt, sind die selbst zu zahlenden Anteile für Pflegebedürftige weiter gestiegen.

So kletterte etwa die Eigenbeteiligung für Pflegebedürftige im ersten Jahr des Heimaufenthalts im Bundes­schnitt binnen eines Jahres von 2.687 auf 2.984 Euro Anfang 2025. Die regionalen Unterschiede betragen dabei mehrere Hundert Euro – am höchsten lag der Wert in Bremen mit 3.456 Euro, am niedrigsten in Sachsen-Anhalt mit 2.443 Euro.

Der Verband der Ersatzkassen spricht von einem „ständigen Aufwärtstrend“. Weder von der Pflegekasse gezahlte Zuschläge noch eine Erhöhung der Pflegeleistungen zu Jahresbeginn hätten diesen abbremsen können.

Zum 1. Januar sind die Pflegeleistungen um 4,5 Prozent gestiegen. So sind etwa die Pflege­sach­leistungen, also die Gelder für professionelle häusliche Hilfe für Pflege, Betreuung und Haushaltsdienste in häuslicher Umge­bung, beim höchsten Pflegegrad 5 von 2.200 auf 2.299 Euro gestiegen. Der Betrag für voll­stationäre Pflege stieg bei Grad 5 von 2.005 auf 2.096 Euro.

Auch der Beitragssatz der Pflegeversicherung ist zum Jahreswechsel angehoben worden, um 0,2 Prozent­punkte. Der Beitragssatz reicht von 2,6 Prozent für Menschen mit fünf Kindern oder mehr bis zu 4,2 Prozent für jeman­den ohne Kinder. Für ein Kassenmitglied mit einem Kind liegt er bei 3,6 Prozent.

Gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl forderte die vdek-Vorsitzende Ulrike Elsner die konkurrierenden Par­teien zum Worthalten auf. Wer dann regiere, müsse die Pflege verlässlich und bezahlbar halten. Die Belastungen der Menschen seien „zu hoch“, die Eigenbeteiligung gehöre klar begrenzt.

Dazu forderte Elsner die Länder unter anderem zur vollen Finanzierung von Bau und Instandhaltung der Heime auf. Scharf kritisierte die Verbandschefin die Praxis, die Kosten auf die Pflegebedürftigen umzulegen. Die Länder hätten für diesen Bereich 2022 nur 876 Millionen Euro gezahlt, die Pflegebedürftigen rund 4,4 Milliarden Euro.

Allein eine Kostenübernahme dieser Posten durch die Länder würde die Pflegebedürftigen nach vdek-Berech­nung um im Schnitt 498 Euro im Monat entlasten. Generell müssten aber die Leistungsbeträge jährlich dynami­siert und an volkswirtschaftlichen Kenngrößen ausgerichtet werden.

Die Pflegeversicherung trägt – anders als die Krankenversicherung – nur einen Teil der anfallenden Kosten. Den Großteil der von den Heimbewohnern zu tragenden Kosten macht der Eigenanteil für die pflegerischen Kosten aus. Dieser betrug zum 1. Januar im Bundesschnitt etwa 1.496 Euro im ersten Jahr.

Davon gehen die nach Aufenthaltsdauer gestaffelten Zuschüsse ab. Die 2022 eingeführten Entlastungs­zuschläge neben den eigentlichen Zahlungen der Pflegekasse hatte die Ampel 2024 erhöht: Der Eigenanteil für die reine Pflege wird seither im ersten Jahr im Heim um 15 statt zuvor 5 Prozent gedrückt, im zweiten um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent. Hinzu kommen für die Betroffenen noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und eben für Investitionen in den Heimen.

Seit Jahren fordern Experten weitere Reformen im Pflegesystem. Hintergrund ist die steigen­de Zahl der Pflege­bedürftigen. So waren im Dezember 2023 in Deutschland knapp 5,7 Millionen Menschen pflegebedürftig – nach knapp 5,0 Millionen im Dezember 2021.

Der starke Anstieg lag laut Statistischem Bundesamt (Destasis) unter anderem an nachlaufenden Auswir­kungen einer Reform von 2017. Seither werden Menschen eher als pflegebedürftig eingestuft als zuvor, etwa Demenz­kranke. Knapp neun von zehn Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt. Die Zahl der in Heimen vollstationär versorgten Pflegebedürftigen stieg von Dezember 2021 bis 2023 leicht um 6.000 auf knapp 800.000.

Eine größere Pflegereform schaffte die Ampel-Koalition vor ihrem vorzeitigen Ende nicht mehr. Bei der Verab­schiedung der seit Jahresbeginn geltenden Anpassungen im Bundestag malte Gesundheitsminister Karl Lauter­bach ein durchwachsenes Bild.

Effizienzreserven habe die Pflegeversicherung nicht. „Es ist richtig, dass es in der Pflegeversicherung Reform­bedarf gibt“, so Lauterbach vergangenes Jahr. Damals kündigte der SPD-Politiker noch eine weitergehende Pflegereform an: „In einem Jahr werden wir die Basis der Finanzierung der Pflegeversicherung verbreitern.“ Daraus wurde nichts.

dpa

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