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Krankenhäuser müssen sich auf Extremwetterereignisse vorbereiten

  • Montag, 12. Mai 2025
/pilli, stock.adobe.com
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Berlin – Krankenhäuser müssen sich auf Extremwetterereignisse vorbereiten. Darin waren sich Expertinnen und Experten heute auf einer Veranstaltung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in Berlin einig. „Die Wahrscheinlichkeit von Extremwetterereignissen ist durch den Klimawandel angestiegen“, erklärte Tobias Fuchs, Vorstandsmitglied des Deutschen Wetterdienstes (DWD).

Über einen sehr langen Zeitraum habe es in der Erdgeschichte zuletzt eine Stabilität der Treibhausgase in der Atmosphäre im Bereich von etwa 300 parts per million (ppm) gegeben. „In den letzten 250 Jahren sind die Treibhausgase allerdings durch den Einfluss des Menschen auf 423 ppm im vergangenen August angestiegen“, sagte Fuchs. Nun komme es darauf an, wie intensiv die Menschheit Klimaschutz betreibe. Mit großen Anstrengungen sei es noch möglich, das 2°C-Ziel zu erreichen.

„Dann müssten unsere Kinder und Enkelkinder – aber auch wir selbst – weniger intensive Phasen von Extremwetterereignissen erleben“, sagte Fuchs. „In jedem Fall ist jeder Beitrag, den wir heute zum Klimaschutz leisten, ein Beitrag, den wir künftig nicht in Anpassungsmaßnahmen investieren müssen.“

Starkregen und extreme Hitze 

Wetterlagen, die es heute in Deutschland gibt, seien früher für Meteorologen unvorstellbar gewesen: zum Beispiel Temperaturen von über 40°C in Norddeutschland. „Was früher extrem war, ist heute normal“, sagte Fuchs. Extreme Niederschläge könnten jeden Ort in Deutschland treffen. „Krankenhäuser müssen sich darauf vorbereiten, von Starkregen betroffen zu sein“, betonte Fuchs. Und sie müssten Hitzeschutzpläne erarbeitet haben. Der Meteorologe appellierte an die Krankenhäuser, die Hitzewarnungen des Deutschen Wetterdienstes ernst zu nehmen.

„Hitzewarnungen sind keine Seltenheit mehr“, sagte Fuchs. „Gefährlich sind vor allem Hitzedome: extrem stabile Hitzelagen, die in Deutschland zurzeit noch nicht so stark ausgeprägt sind wie in den USA. Aber das ist nur eine Frage der Zeit.“ Die beiden Hitzewarnstufen, die der DWD derzeit habe, könnten Hitzedome nicht erfassen. „Deshalb arbeiten wir derzeit an einer Hitzewarnstufe 3, die eine extrem hohe thermische Belastung mit sehr vielen Fällen von Hitzschlag und Dehydrierung beschreibt.“ Es sei davon auszugehen, dass das Gesundheitssystem und die Notaufnahmen der Krankenhäuser während eines Hitzedoms stark belastet sein würden.

„Oft fehlt das Risikobewusstsein“

„Es gibt Krankenhäuser, die heute schon sehr gut auf Extremwetterereignisse vorbereitet sind“, sagte Jan Bäumer vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). „Aber nicht alle.“ Oft fehle das Risikobewusstsein. „Es gibt noch genügend Einrichtungen, die Extremwetterereignisse nicht als Problem ansehen“, meinte Bäumer. „Aber die Annahme, dass man selbst nicht Opfer eines Extremwetterereignisses werden kann, ist falsch. Wir müssen uns als Privatpersonen, Unternehmen und Kommunen auf solche Lagen vorbereiten.“

„Krankenhäuser müssen sich damit beschäftigen, wie sie nach Extremwetterereignissen handlungsfähig bleiben – zum Beispiel, wenn Zulieferer ausfallen, wenn Mitarbeitende nicht zur Arbeit kommen können oder wenn Menschen aus einem nahen Pflegeheim oder einem anderen Krankenhaus in ihr Haus verlegt werden müssen“, sagte Bäumer. „Krankenhäuser werden direkt oder indirekt von Extremwettersituationen betroffen sein. Die Ereignisse werden sich gegenseitig bedingen.“ Hochwasser oder Sturm könne zu einem Stromausfall führen. Der Einsatz von Notstromaggregaten könne in der Folge zu einem Mangel an Diesel führen, mit dem die Notstromaggregate betrieben werden. Krankenhäuser müssten sich auch auf ungewöhnliche Verletzungsmuster vorbereiten, zum Beispiel auf Patienten, die Schlamm eingeatmet haben.

Verantwortung liegt bei der Krankenhausleitung

Wie können sich Krankenhäuser auf Extremwetterereignisse vorbereiten? „Es gibt keine einfachen Lösungen“, sagte Bäumer. „Es gibt keine allgemeingültigen Checklisten, die man abarbeiten kann. Jedes Krankenhaus muss eine umfassende individuelle Risikobetrachtung vornehmen. Man muss die Gefahren ernst nehmen und es nicht als Pflichtaufgabe betrachten, die man nur schnell abhaken will. Dafür müssen Ressourcen abgestellt werden.“ Die Verantwortung dafür liege bei der Leitung der Krankenhäuser. 

Bäumer berichtete von der nächsten länder- und ressourcenübergreifenden Krisenmanagementübung (Lükex), die das BBK im kommenden Jahr zusammen mit Partnern durchführen wird. Auch Krankenhäuser werden dabei sein. Für das Projekt wird angenommen, dass es nach fünf Jahren mit unterdurchschnittlichem Niederschlag in Deutschland eine große Dürre gibt, zu der ein Hitzedom kommt mit einer sechswöchigen Periode mit Temperaturen von über 40°C. „Diese Gefahr ist plausibel“, betonte Bäumer. „Wir müssen uns ihr stellen: auch die Krankenhäuser. Denn sie weisen eine hohe Verwundbarkeit auf.“

Zimmerbelegung an Hitze anpassen

Annegret Dickhoff, Referentin für Nachhaltigkeit bei den BG Kliniken, berichtete von den Maßnahmen, die die BG Kliniken ergreifen, um sich vor extremer Hitze zu schützen. „Wir möchten eine Strategie für unsere 13 Standorte umsetzen“, sagte sie. „Dafür haben wir eine zentrale Stabsstelle Nachhaltigkeit eingerichtet sowie Klimamanager in den 13 Standorten.“ Klimateams beschäftigten sich in den einzelnen Standorten zum Beispiel mit dem Thema Hitze.

Diverse Maßnahmen würden nun umgesetzt, um Patienten und Mitarbeitende vor Hitze zu schützen. Am BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin sei zum Beispiel für eine Station eine Heatmap erstellt worden, auf der zu sehen ist, welche Räume sich bei Hitze besonders aufheizen. „Wir achten jetzt bei der Zimmerbelegung darauf, Patienten, die kreislaufstabil sein müssen, nicht in zu warme Räume zu legen“, sagte Dickhoff. „Und manche Treppenhäuser sind für Treppensteigübungen bei Hitze gesperrt.“

Wundversorgung und Kühlwesten

Auch die Wundversorgung müsse angepasst werden. „Es gibt Versorgungsmaterial, das nicht für hohe Außentemperaturen geeignet ist“, erklärte Dickhoff. „Dann bildet sich unter dem Verband ein Hautklima, das zu Entzündungen führen kann. Wir benutzen bei Hitze ein Material, das teurer ist, das aber nicht zu Entzündungen führt. Und wir schulen die Pflegekräfte dazu.“

Zudem hätten die BG Kliniken einen Zeitplan erstellt, aus dem ersichtlich wird, in welchen Monaten welche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Dazu zählt zum Beispiel ein Sommerspeiseplan, der leichte Speisen im Sommer vorsieht. Es seien berufsgruppenspezifische Maßnahmen erstellt oder Hitzefolie für Fenster eingekauft worden, die die Temperaturen in den Zimmern dahinter reduziert, so Dickhoff. Und in einem Projekt des Bundesarbeitsministeriums (BMAS) würden zurzeit Kühlwesten im Klinikalltag ausprobiert.

fos

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