Kündigungswelle bei Beleghebammen befürchtet

Berlin – Hebammen in der Hälfte aller bundesweit tätigen Beleghebammenteams planen, innerhalb der nächsten sechs Monate zu kündigen. Grund dafür ist der neue Hebammenhilfevertrag und damit drohende Umsatzeinbußen. Das berichtet der Deutschen Hebammenverband (DHV) nach einer Umfrage unter Beleghebammen-Teams.
Der DHV warnt daher vor einem morgigen Fachgespräch im Gesundheitsausschuss des Bundestags, die geburtshilfliche Versorgung in vielen Regionen Deutschlands sei akut gefährdet. Beleghebammen sind freiberufliche Hebammen, die in Kliniken die Geburtshilfe sicherstellen.
„Wir steuern sehenden Auges auf eine geburtshilfliche Unterversorgung von Müttern, Kindern und Familien zu. Der neue Hebammenhilfevertrag wird bei Beleghebammen zu Verdiensteinbußen von bis zu 30 Prozent führen“, sagte die DHV-Präsidentin Ulrike Geppert-Orthofer.
Der Umfrage zufolge planen neben den rund 50 Prozent der befragten Teams, die innerhalb der nächsten sechs Monate Kolleginnen verlieren werden, in weiteren zehn Prozent der Beleghebammenteams Mitarbeiterinnen den Ausstieg aus der Geburtshilfe in den nächsten ein bis zwei Jahren. Rund 32 Prozent sind sich noch unsicher.
Als Hauptgrund für einen möglichen Ausstieg gaben 99 Prozent der befragten Teams an, dass ihre Tätigkeit wirtschaftlich nicht mehr tragbar sei. 100 Prozent rechnen demnach mit Einkommenseinbußen, 71 Prozent gehen davon aus, dass diese bei über 20 Prozent liegen werden.
„Bundesweit werden rund 20 Prozent aller Kinder von Beleghebammen zur Welt gebracht, in Bayern sind es bis zu 80 Prozent. Gerade Kliniken in strukturschwachen Regionen sind häufig im Belegsystem organisiert. Aber auch vermeintlich sichere Kommunen können betroffen sein, da ein Dominoeffekt droht“, sagte Geppert-Orthofer. Der Verband kämpfe daher darum, Nachbesserungen am neuen Vertrag zu erreichen.
Der Hebammenhilfevertrag regelt die Bedingungen und Vergütungshöhen, mit denen die bundesweit rund 19.000 freiberuflich tätigen Hebammen ihre erbrachten Leistungen mit den Krankenkassen abrechnen. Für die Erhebung hat der Hebammenverband Baden-Württemberg 107 von bundesweit rund 150 Beleghebammen-Teams befragt, also rund siebzig Prozent.
Der GKV-Spitzenverband teilte auf Nachfrage mit, dass die Regelungen des neuen Hebammenhilfevertrages „im Konsens“ mit den beiden weiteren beteiligten Verbänden, dem Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands und dem Netzwerk der Geburtshäuser gefunden und von der Schiedsstelle entschieden worden seien.
„Insgesamt erwarten wir steigende Ausgaben für die Hebammenhilfe, was im Umkehrschluss höhere Einnahmen der freiberuflichen Hebammen sind“, sagte ein Sprecher des GKV-Spitzenverband. Man gehe davon aus, dass die von der Schiedsstelle festgelegten Regelungen unter dem Strich die Versorgung der werdenden Mütter und auch die wirtschaftliche Situation der freiberuflichen Beleghebammen verbessern würden.
Die neuen Regelungen der Schiedsstellenentscheidung sollten nun nach Angaben des GKV-Spitzenverbands erst einmal umgesetzt werden. Denn nur dann könne sich zeigen, dass sich Arbeitsbedingungen und Versorgung maßgeblich verbessern würde. Auch das Thema Weiterentwicklung habe der neue Vertrag im Blick.
„Spätestens zum Inkrafttreten des neuen Vertrags sollen die Vertragspartner eine paritätisch besetzte Arbeitsgruppe bilden. Dazu ist der GKV-Spitzenverband bereits Mitte Mai proaktiv mit kurzfristigen Terminverschlägen auf die Hebammenverbände zugegangen“, sagte der Sprecher.
Diese soll Empfehlungen zur Umsetzung des neuen Vertrages geben und die Auswirkungen des angepassten Vergütungssystems gemeinsam evaluieren, wenn repräsentative Abrechnungsdaten vorliegen. „Aber nun gilt es, die neuen Regelungen, welche die Arbeitsbedingungen und die Versorgung maßgeblich verbessern, erst einmal umzusetzen.“
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