Vermischtes

Medizin­technikbranche will politisch aufgewertet werden

  • Freitag, 10. Januar 2025
/BillionPhotos.com, stock.adobe.com
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Berlin – Der Deutsche Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik (Spectaris) will eine politische Aufwertung der eigenen Branche. In einem veröffentlichten Positionspapier fordert der Verband von der Politik parallel zur Pharmastrategie eine Medtechstrategie.

Die Medizintechnik seit mit über 212.000 Beschäftigten und einer Bruttowertschöpfung von 18,2 Milliarden Euro nicht nur ein Wachstumsmotor in Deutschland, sondern ein wesentlicher Faktor für eine zukunftsfähige Gesund­heitsversorgung.

„Doch die Innovationskraft, die uns weltweit an die Spitze gebracht hat, wird zunehmend durch regulatorische Hürden ausgebremst“, sagte Martin Leonhard, Vorsitzender der Medizintechnik im Verband.

Die Politik sei „von grundsätzlichem Misstrauen gegenüber dem eigenverantwortlichen Handeln der Wirtschaft getrieben“, schreibt der Verband. Allein durch die europäische Medizinprodukteverordnung (MDR) hätten sich die Entwicklungskosten in den vergangenen Jahren verdoppelt, ohne dadurch nachweislich die Patientensicherheit verbessert worden wäre.

Die Medizinproduktehersteller und ihre Verbände kritisieren die MDR bereits seit Jahren und machen die durch sie gestiegenen regulatorischen Anforderungen für Marktrücknahmen und Versorgungsengpässe verantwortlich. Das EU-Parlament arbeitet derzeit an einer Reform der Verordnung, um dieser Kritik zu begegnen.

Leonhard kritisiert, dass es vor allem die überambitionierte Umsetzung von EU-Vorgaben durch die deutsche Politik sei, die zurückgefahren werden müsse. Die Balance zwischen Patientenschutz und Innovation müsse dringend neu justiert werden.

Diese strukturellen Probleme würden den Standort Deutschland gefährden. Um die Branche zu stärken, brauche es deshalb eine stärker koordinierte industriepolitische Unterstützung. Die industrielle Gesundheitswirtschaft müsse „politisch priorisiert und in der öffentlichen Wahrnehmung verankert werden“, heißt es im Positionspapier.

Dazu brauche es eine umfassende Strategie der Bundesregierung, die alle Sektoren berücksichtigt und lang­fris­tige Maßnahmen zur Sicherung des Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionsstandorts Deutschland ent­wickelt.

Dabei sollte die Pharmastrategie um eine Medtechstrategie ergänzt oder zu einer Strategie für die industrielle Gesundheitswirtschaft weiterentwickelt werden, die explizit auch die Besonderheiten der Medizintechnik, der Biotechnologie und der Health-IT berücksichtigt.

Der politische Dialog müsse zudem institutionalisiert werden. Durch die Weiterentwicklung des Round Table Gesundheitswirtschaft des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) zu einem breiteren Dialogformat solle ein kontinuierlicher Austausch zwischen den relevanten Industrieakteuren sichergestellt werden. Zudem könne ein industriepolitisches Referat im BMWi neu eingerichtet werden, das sich speziell mit der Gesundheitsindustrie befasst.

Neben neuen politischen Formaten und Strategien fordert der Verband aber auch eine Reihe konkreter Schritte. So müssten zur Stärkung der Versorgungsautonomie europäische Produktionskapazitäten ausgebaut werden, was durch Investitionsanreize geschehen könne.

Die Einführung einer digitalen Bestandsplattform versorgungskritischer Medizinprodukte könne helfen, jederzeit schnell ein aktueller Überblick über Verfügbarkeit, Lieferfähigkeit oder Fertigungsfähigkeit spezifischer Medizin­produkte für den jeweiligen Bedarf zu schaffen. Das könne helfen, kostenaufwändige Lagerhaltung zu vermeiden.

Um die Attraktivität des europäischen Marktes für medizintechnische Innovationen zu steigern und der Abwan­derung von Unternehmen entgegenzuwirken, empfiehlt der Verband außerdem wir die Einführung eines politischen Key Performance Index (KPI) für den Marktzugang von Medtechinnovationen.

Dieser könnte demnach bereits vorliegende Messgrößen und Zielvorgaben wie die Festlegung maximaler Bear­beitungsfristen für Zulassungsprozesse, die Erhöhung der Verfügbarkeit und Qualität von Evaluationsressourcen sowie die Harmonisierung regulatorischer Anforderungen auf EU-Ebene umfassen.

Dies würde laut Spectaris den Zugang zu europäischen Märkten für innovative Medizintechnologien transparen­ter, effizienter und schneller gestalten. Eine finanzielle Entlastung des Gesundheitswesens und er Versicherten­ge­meinschaft würde außerdem eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Medizinprodukte mit sich bringen.

Um neue Medizintechnik schneller in die Versorgung zu bringen, müsse auch ein eigenes Instrumentarium für die Medtech-Methodenbewertung entwickelt werden.

Schnellere Zulassungs- und Erstattungsprozesse müssten dabei die die Besonderheiten von Medizinprodukten mit kurzen Innovationszyklen berücksichtigen, wobei auch die Einführung eines Fast-Track-Verfahrens für Inno­vationen mit klaren Fristen für Beschleunigung sorgen könne. Das umfasse auch schnellere Bewertungsverfahren beim G-BA und Bewertungsausschuss.

lau

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