Möglicherweise weniger Suizide seit Corona
Frankfurt am Main – Erste Zahlen deuten darauf hin, dass sich in der Coronapandemie möglicherweise weniger Menschen das Leben genommen haben.
„In den Monaten Januar bis Juli 2020 gab es in Frankfurt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Rückgang der absoluten Zahl der Suizide um 30 Prozent“, heißt es in einem Bericht des „Frankfurter Projekt zur Prävention von Suiziden mittels Evidenz-basierter Maßnahmen“ (FraPPE).
Die Wissenschaftler warnen aber vor voreiligen Schlüssen. Zum einen handle es sich nur um Zahlen aus Frankfurt am Main – bundesweite Vergleichszahlen gebe es noch nicht, sagte Projektadministration Christiane Schlang. Außerdem seien die Zahlen vorläufig mit einer geschätzten Dunkelziffer von rund zehn Prozent zu ergänzen.
Die Suizidrate wird anhand von Leichenschauscheinen ermittelt. In den Jahren 2014 bis 2018 lag die bundesdeutsche Rate bei durchschnittlich 11,8 Suiziden pro 100.000 Einwohnern. Ziel des FraPPE-Projekts ist es, herauszufinden, welche Maßnahmen Suizide am effektivsten verhindern.
Für die möglicherweise gesunkene Suizidrate seien mehrere Gründe denkbar, sagte Schlang. „Die wahrscheinlichste Erklärung“ ist für die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, dass sich in der Zeit, als das öffentliche Leben massiv eingeschränkt war, weniger Menschen in der Stadt aufhielten. Unter den Suizidopfern in Frankfurt seien nicht nur Ortsansässige, sondern zum Beispiel auch Pendler, Reisende oder Wohnsitzlose.
Dazu komme, dass während des allgemeinen Stillstands auch weniger „Suizidmittel“ zur Verfügung gestanden hätten. Zum Beispiel seien weniger Züge gefahren und öffentliche Gebäude seien geschlossen gewesen. Denkbar sei auch, dass mehr Menschen von ihrem Vorhaben abließen, weil die „Interventionen“ des Hilfsnetzwerks sich als wirkungsvoll erwiesen.
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