Vermischtes

Nach Razzia wegen Abrechnungsbetrugs werden Verflechtungen klarer

  • Donnerstag, 19. Dezember 2019
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Hamburg – Nach einer Razzia wegen des Verdachts des Abrechnungsbetrugs mit Zytosta­ti­ka werden Verflechtungen zwischen beschuldigten Apothekern und Ärzten deutlich. Drei Apotheker, gegen die die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt, sollen über verschie­­de­ne Unternehmen ein Krankenhaus erworben und betrieben haben, wie die Ermittlungsbe­hörde gestern mitteilte.

Über die Klinik sollen sie wiederum bundesweit medizinische Versorgungszentren (MVZ) geführt und Einfluss auf deren angestellte MVZ-Ärzte genommen haben. Apothekern sei die Gründung medizinischer Versorgungszentren grundsätzlich nicht erlaubt, berichtete die Staatsanwaltschaft.

Die Behörde ermittelt insgesamt gegen drei Apotheker, neun Ärzte und zwei Pharma-Manager wegen Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen im besonders schweren Fall sowie bandenmäßigen Abrechnungsbetrugs. Den Beschuldigten drohen bis zu fünf Jahre Haft.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden vorgestern 58 Objekte durchsucht, etwa 480 Beamte waren im Einsatz. Es wurden rund 1.000 Kartons mit Unterlagen und rund 100 Mobiltelefone, PCs und Speicherkarten zur Auswertung sichergestellt.

„Es handelt sich um eine der größten Durchsuchungsmaßnahmen, die die Korruptions­ab­teilung der Staatsanwaltschaft Hamburg jemals durchgeführt hat“, sagte die Sprecherin der Behörde, Nana Frombach. Als Gesamtschaden werden von ihr mindestens 8,6 Millio­nen Euro angegeben.

Den Apothekern wird vorgeworfen, neun Ärzte durch Gewährung von Vorteilen an sich gebunden zu haben. Nach Berichten von Zeit Online und Panorama soll es um rückzah­lungsfreie Darlehen, Luxusfahrzeuge zur Nutzung oder Praxiseinrichtungen gegangen sein. Die Ärzte sollten Rezepte insbesondere für hochpreisige Krebsmedikamente nur noch über die von den Beschuldigten betriebenen Apotheken und Unternehmen einlösen, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

In Bezug auf die MVZs recherchierten Zeit Online und Panorama, dass eine Pharmaun­ter­nehmen über ein verflochtenes Firmenkonstrukt bundesweit Arztpraxen aufgekauft und dafür ein „Vielfaches des üblichen Marktpreises“ gezahlt habe. Anschließend seien die Praxen dann in MVZs umgewandelt worden.

Sollten sich die Anschuldigungen bestätigen, verurteile der Berufsverband der Niederge­lassenen Hämatologen und Onkologen (BNHO) dies aufs Schärfste, teilte der BNHO-Vor­sitzende Wolfgang Knauf mit. „Wir Ärzte, denen die zum Teil schwer erkrankten Menschen ihre Gesundheit anvertrauen, dürfen uns ausschließlich ihrer optimalen Versorgung ver­pflichtet fühlen – völlig unabhängig von wirtschaftlichen Interessen.“

Um wirtschaftlichen Verflechtungen zukünftig keinen Raum mehr zu geben, „sollte die Gesundheitspolitik dringend die rechtlichen Grundlagen für rein ökonomische Wert­schöpfungsketten im Gesundheitswesen überarbeiten.“

dpa

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