Vermischtes

Pflegeheim muss Demenzkranke nur bei bekanntem Sturzrisiko lückenlos überwachen

  • Mittwoch, 25. September 2019
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Karlsruhe – Ein Pflegeheim muss Demenzkranke ohne Anhaltspunkte für ein Sturzrisiko nicht lückenlos beaufsichtigen. Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem heute veröffentlichten rechtskräftigen Urteil (Az. 7 U 21/18). Die Richter wiesen damit die Beru­fung einer Krankenkasse gegen ein Landgerichtsurteil zurück, das die Klage der Kasse gegen die Trägerin eines Heims abgewiesen hatte.

Im vorliegenden Fall war die 83-jährige demenzkranke Heimbewohnerin bei dem Versuch gestürzt, bei einem Toilettengang ohne Hilfe aufzustehen. Sie erlitt eine Oberschenkel­halsfraktur. Die klagende Krankenkasse warf dem Pflegeheim eine Verletzung seiner Sorg­f­altspflicht vor. Die Patientin hätte nach ihrer Auffassung dauerhaft beaufsichtigt werden müssen. Mit der Klage forderte die Kasse ihre Leistungen für die Behandlung der 83-Jährigen zurück.

Der OLG-Senat folgte dieser Argumentation nach Einholung eines pflegefachlichen Gut­achtens nicht. Zwar bestehe grundsätzlich eine Verpflichtung des Pflegeheims, Patienten nach Möglichkeit vor Stürzen zu bewahren, befanden die Richter. Der Umfang der zu treffenden Sicherungsmaßnahmen richte sich danach, ob sich ein Sturzrisiko absehen lasse.

Dabei sei der Schutz des Patienten vor einem Sturz aber abzuwägen mit dem Schutz sei­ner Intimsphäre, die auch bei einem Demenzkranken zu beachten sei und die bei einer lückenlosen Überwachung während des Toilettengangs beeinträchtigt würde.

Eine lückenlose Überwachung wäre nach Überzeugung des OLG im vorliegenden Fall nur dann einzufordern gewesen, wenn sich Anhaltspunkte für eine Sturzgefahr nicht nur bei der allgemeinen Fortbewegung im Heim, sondern gerade auch während des Toiletten­gangs ergeben hätten – was aber vor dem Sturz der 83-Jährigen nicht der Fall gewesen sei.

Die Entscheidung des Pflegeheims im konkreten Fall sei daher pflegefachlich nachvoll­ziehbar, urteilte der Senat. Das Pflegeheim sei nicht dazu verpflichtet gewesen, eine durchgehende Beaufsichtigung der demenzkranken Patientin zu gewährleisten.

afp

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