Pharmaverband will Entlastung der GKV und höhere Erstattungspreise

Berlin – Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) fordert eine finanzielle Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), um angesichts des demografischen Wandels die bisherige Versorgungsqualität aufrechtzuerhalten. Die Arzneimittelausgaben würden sich dabei nur unterdurchschnittlich entwickeln.
Bereits jetzt beginne die aktuelle konjunkturelle Schwäche, sich negativ auf die Einnahmeentwicklung der GKV auszuwirken, erklärt der vfa in einem Positionspapier. In den kommenden Jahren sei zudem mit einer strukturellen Verlangsamung des Wirtschaftswachstums zu rechnen.
Das verlange in Kombination mit dem demografischen Wandel – weniger erwerbstätige Beitragszahler bei wachsendem Versorgungsbedarf aufgrund alternder Bevölkerung – nach einem „integrierten Ansatz, der verschiedene Maßnahmen miteinander verknüpft und politisches Handeln auf unterschiedlichsten Feldern erfordert“, um die Kassenfinanzen stabil zu halten.
Die Arzneimittelausgaben seien dabei kein Treiber der finanziellen Schieflage: Sie seien „kein Leistungsbereich, der sich außergewöhnlich stark entwickelt“, heißt es in dem Positionspapier. So sei der Bereich Arzneimittel in den GKV-Ausgaben von 2010 bis einschließlich 2023 jedes Jahr durchschnittlich um 3,9 Prozent gewachsen. Das liege unter dem Ausgabenwachstum von durchschnittlich 4,4 Prozent in den anderen Leistungsbereichen.
Damit widerspricht der vfa nicht nur den Krankenkassen selbst, die regelmäßig Kostenexplosionen bei den Arzneimittelausgaben beklagen, sondern auch unabhängigen Instituten und Marktforschungsunternehmen.
So gibt das IGES-Institut in seinem aktuellen Arzneimittel-Atlas für die Jahre 2013 bis 2023 eine Wachstumsrate von 5,2 Prozent an. Diese sei im Vergleich zu den GKV-Leistungsbereichen Ärztliche Behandlung, Krankenhaus und Sonstiges (Heilmittel, Krankengeld, Krankenpflege) nicht geringer, sondern leicht überdurchschnittlich.
Laut dem Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) sind die Ausgaben in den vergangenen zehn Jahren um 74 Prozent gestiegen. Für die ersten drei Quartale des Jahres 2024 gab das Marktforschungsunternehmen IQViA eine Steigerung von 9,7 Prozent im Vorjahr an.
Der vfa mahnt demgegenüber nun, dass vielmehr durch stabile Rahmenbedingungen medizinische Innovationen ermöglicht werden müssten. Das beziehe sich vor allem auf ihre Erstattung sowie eine „zukunftsorientierte Weiterentwicklung der Arzneimittelbewertung“, also des AMNOG-Verfahrens.
Zur Stabilisierung der Kassenfinanzen müssten hingegen Wachstumsimpulse für die Wirtschaft gesetzt, Strukturen im Gesundheitswesen effizienter gestaltet, der Präventionsgedanke gestärkt sowie die GKV von versicherungsfremden Finanzierungslasten befreit werden.
So habe die GKV in den vergangenen Jahren zunehmend Aufgaben der allgemeinen Daseinsvorsorge übernommen und politische Maßnahmen finanziert, die nicht zu ihren Kernaufgaben zählen. Die Gesamtlast dieser versicherungsfremden Leistungen liege für den Zeitraum 2024 bis 2028 bei 76,5 Milliarden Euro.
Der Bundeszuschuss müsse deshalb dynamisiert werden, um die Beitragszahlenden zu entlasten. Dieser sei jedoch seit 2017 nicht mehr angepasst worden. Eine „konsequente finanzielle Entflechtung“ sei auch mit Blick auf die Beiträge von Bürgergeldbeziehern geboten.
Denn aktuell würde die Versichertengemeinschaft diese zu zwei Dritteln finanzieren. Eine volle Finanzierung durch den Bund würde die GKV demnach um acht bis zehn Milliarden Euro im Jahr entlasten. „Die vollständige Finanzierung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe aus Steuermitteln ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit“, schreibt der vfa.
Weitere 42 Milliarden Euro im Jahr könnten allein durch Effizienzsteigerungen mittels Digitalisierung im Gesundheitswesen eingespart werden. Dabei verweist der vfa auf eine Hochrechnung der Unternehmensberatung McKinsey.
Zudem müsse ein deutlich stärkerer Fokus auf die Prävention und Früherkennung gelegt werden, um den steigenden Anforderungen an das Gesundheitssystem zu begegnen. Maßnahmen wie Impfungen, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und Gesundheitsförderung könnten helfen, Krankheiten frühzeitig zu verhindern und somit die Kostenbelastung für das Gesundheitswesen zu verringern.
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