Potenzial von Organspenden kann noch besser genutzt werden

Frankfurt am Main/Berlin – Angesichts eines eklatanten Mangels an Spenderorganen müssen die wenigen postmortal gespendeten Organe noch besser genutzt werden. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) versucht deshalb in den vergangenen Jahren verstärkt, die Qualität und die Sicherheit des Organspendeprozesses und der Organe weiter zu verbessern, sodass möglichst viele Patientinnen und Patienten auf den Wartelisten erfolgreich transplantiert werden können.
„Durch den anhaltenden Organmangel kommt es nicht nur auf jede Spende, sondern jedes einzelne Organ an,“ betonte der Medizinische Vorstand der DSO, Axel Rahmel, beim Jahreskongress der DSO, der gestern und heute in Frankfurt stattfand.
Rahmel verwies dabei auf eine besorgniserregende Entwicklung: So setze sich 2024 nicht nur die rückläufige Entwicklung der Zahl der Spenderorgane fort, sondern auch die Zahl der entnommenen Organe pro Spenderin beziehungsweise Spender sinke. „Das verschärft die Mangelsituation weiter“, so Rahmel. Ein Grund dafür sei, dass das mediane Alter der gemeldeten Spendenden und der realisierten Organspendenden über die vergangenen Jahre stetig zugenommen habe.
Während 2007 der durchschnittliche gemeldete Organspender 55 Jahre alt war, war er 2023 bereits 61 Jahre. Auch bei den realisierten Organspenden macht sich dieser Trend bemerkbar: 2007 stammten die Organe von einem durchschnittlich 53 Jahre alten Spender, 2023 von einem 58 Jahre Spender.
„Damit kommt es häufiger zu Abbrüchen des Organspendeprozesses wegen medizinischer Kontraindikationen oder unzureichender Organqualität“, erläuterte der DSO-Vorstand. Wichtig sei es deshalb, Strategien zur bestmöglichen Nutzung der Organe zu nutzen und auszubauen.
Im ersten und entscheidenden Schritt im Ablauf einer Organspende müssen mögliche Spender zunächst auf den Intensivstationen überhaupt erkannt werden. Hier leistet das von der Hochschulmedizin Dresden in Kooperation mit der DSO entwickelte automatisierte elektronische Screening-Tool DETECT Unterstützung.
Das Tool rücke mögliche Organspender in den Fokus der Transplantationsbeauftragten, indem es Patientinnen und Patienten mit einem unmittelbar bevorstehenden oder bereits eingetretenen irreversiblen Hirnfunktionsausfall systematisch erkenne, erläuterte Rahmel.
Ermutigend sei die in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegene Anzahl der Meldungen möglicher Organspender aus den Krankenhäusern. Leider führe das jedoch aufgrund von fehlenden Zustimmungen oder medizinischen Kontraindikationen nicht zu mehr Spenden, wie die Statistiken zeigten.
Zu den vielversprechenden Verfahren zur Verbesserung der Organqualität, die auf dem DSO-Kongress besprochen wurden, gehört die Maschinenperfusion. Viele Teilnehmende waren sich einig, dass sie künftig zum Standardverfahren der Transplantation werden könnte.
Mit ihr stehe mittlerweile ein Verfahren zur Verfügung, das ein enormes Potenzial verspreche, was Konservierung, Evaluation und im Idealfall Behandlung der Spenderorgane betreffe, so Rahmel. Aktuell stehe die Umsetzung der überarbeiteten Richtlinie der Bundesärztekammer zur Nierentransplantation in den Startlöchern, die die grundsätzliche Perfusion von Spendernieren mit erweiterten Spenderkriterien vorsehe.
Auch bei Spenderlebern bietet die Maschinenperfusion Vorteile. So wird nach langjähriger Forschungs- und Entwicklungstätigkeit die HOPE-Methode (HOPE = Hypothermic Oxygenated machine PErfusion) angewendet. Bei dieser Technik wird die Leber mit einer kalten, mit Sauerstoff angereicherten Lösung direkt vor Transplantation gespült. Die neue Technik reduziert Vorschäden am Spenderorgan und verbessert die Funktion der Leber im Empfänger.
Zudem haben weitere moderne Technologien das Potenzial, den Transplantationsprozess zu beschleunigen und damit mehr Leben zu retten, wie sich auf dem diesjährigen DSO-Jahreskongress zeigte. Dazu gehören die Xenotransplantation sowie die Chancen der Künstlichen Intelligenz (KI) für die Transplantationsmedizin.
Beispielsweise könne die schnelle und zuverlässige Beurteilung und Charakterisierung von Spenderorganen nach der Entnahme durch digitale Bildgebungen und deren Auswertung durch KI wesentlich zur Qualitätssicherung beitragen, hieß es. Noch sei aber mehr Forschung auf diesem Gebiet nötig.
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