Vermischtes

Problematische Mediennutzung bei Jugendlichen nimmt zu

  • Donnerstag, 11. September 2025
Kind Medienkonsum Smartphone
/Mouse familiy, stock.adobe.com

Berlin – Der Zugang zur Onlinewelt ist für Kinder und Jugendliche in den OECD-Ländern inzwischen nahezu universell geworden. Mit dem Aufwachsen in einer digitalen Welt nehmen jedoch auch psychische Probleme und Fälle für ein problematisches Nutzungsverhalten zu. Dies geht aus einem neuen OECD-Bericht hervor, der vom OECD Berlin Centre vorgestellt wurde.

Der Bericht gibt einen aktuellen länderübergreifenden Überblick über die digitalen Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen in den OECD-Ländern und arbeitet mit aktuellen Daten. Demnach kommen die meisten Kinder inzwischen schon sehr früh mit digitalen Medien in Berührung: Rund 70 Prozent der Zehnjährigen hatten bereits ein eigenes Smartphone.

Bei älteren Kindern und Jugendlichen sind digitale Geräte noch verbreiteter. Im OECD-Durchschnitt verfügten dem Bericht zufolge 96 Prozent der 15-Jährigen über einen eigenen Desktop-PC, Laptop oder Tablet zuhause. 98 Prozent hatten ein Smartphone mit Internetzugang.

In den meisten OECD-Ländern verbringt mehr als die Hälfte der 15-Jährigen mehr als 30 Stunden pro Woche mit digitalen Geräten. Ein nicht unerheblicher Anteil – zwischen zehn Prozent in Japan und 43 Prozent in Lettland – ist eigenen Angaben zufolge sogar mindestens 60 Stunden pro Woche online. Deutsche Jugendliche liegen durchschnittlich mit etwas mehr als 20 Stunden im Mittelfeld.

95 Prozent der 15-Jährigen verbringen ihre Bildschirmzeit im Internet und in den sozialen Medien zur Unterhaltung. 88 Prozent nutzen digitale Geräte zur Kommunikation und zum Teilen eigener Inhalte, 84 Prozent für die Suche nach praktischen Informationen und 83 Prozent für Videospiele.

„Es ist wichtig, diese Trends im Auge zu behalten“, betonte Nora Brüning von der OECD, die die Ergebnisse des Berichts vorstellte. Digitale Geräte könnten Kindern und Jugendlichen viele Möglichkeiten bieten, aber auch Risiken für ihr Wohlbefinden bergen. So könnten übermäßige Bildschirmzeiten im frühen Kindesalter ohne elterliche Unterstützung beispielsweise die neurokognitive Entwicklung sowie den Erwerb und die Entwicklung der Sprachfähigkeit beeinträchtigen.

Schulkinder könnten durch die Nutzung digitaler Medien etwa Onlinemissbrauch und Cybermobbing erfahren und in ihrer psychischen Gesundheit beeinträchtigt werden. Dem Bericht zufolge hat im Durchschnitt einer von sechs Jugendlichen im Alter von elf bis 15 Jahren angegeben, zwischen 2021 und 2022 online gemobbt worden zu sein. Indirekt trügen auch ein schlechterer Schlaf durch die Nutzung von Medien, weniger körperliche Aktivität und ausbleibende soziale Kontakte dazu bei, erläuterte Brüning.

Für die problematische Nutzung von Medien gibt es dem Bericht zufolge auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Während Jungen anfälliger für eine Spielsucht sind, nutzen Mädchen die sozialen Medien und Smartphones häufiger problematisch. Sie werden zudem häufiger Opfer von Cybermobbing.

„Wir beobachten einen massiven Anstieg an psychiatrischen Erkrankungen“, berichtete der Kinder- und Jugendpsychiater Nico Charlier, in einer anschließenden Diskussionsrunde. Smartphones seien bei Kindern inzwischen meist von Anfang an dabei, oft als 24-stündiger Begleiter. „Doch Kinder brauchen analoge Erfahrungen, um sich gut zu entwickeln“.

Die Auswirkungen des Mediengebrauchs im Kindes- und Jugendalter sind Charlier zufolge vielseitig. Häufig komme es etwa zum Interessenverlust und einer Unfähigkeit, sich auch noch auf langweilige Dinge konzentrieren zu können. Eltern schafften die Regulierung des Mediengebrauchs zuhause oft nicht mehr, es komme zu Streits.

Im Internet bewegten sich die Kinder letztlich in einem ungeschützten Raum und hätten innerhalb der ersten zwei Jahre mit einem Smartphone „alles gesehen“ – von Gewalt über Pornographie und andere radikale Szenen. „Das Internet ist kaum zu regulieren“, so Charlier. Wenn Kinder es nicht über ein eigenes Smartphone sehen würden, bekämen sie davon auf dem Schulhof mit. Gebraucht würden sinnvolle Altersgrenzen sowie ein restriktiver Umgang mit den Medien und insgesamt ein besserer Schutz der Kinder.

Auch wenn die Evidenz für einen direkten Zusammenhang zwischen der Nutzung digitaler Technologien und Problemen mit der psychischen Gesundheit wachse, ist es dem OECD-Bericht zufolge wichtig zu berücksichtigen, dass die Datenquellen begrenzt und teilweise noch unvollständig sind. Bemühungen zur Erhebung von Daten, unter anderem zur Bildschirmzeit, digitalen Aktivitäten und deren Inhalten, müssten deshalb dringend verstärkt werden.

Eine wichtige Rolle, um Kinder und Jugendliche vor einem problematischen Umgang mit den digitalen Medien zu schützen, spielen dem Bericht zufolge die Regierungen, Anbieter digitaler Dienste, die Eltern und das häusliche Umfeld sowie Lehrer und Pädagogen.

Regierungen müssten entsprechende Vorschriften und Standards festlegen, die Anbieter digitaler Dienste einhalten müssten. Eltern könnten dafür sorgen, dass ihre Kinder von digitalen Tools profitieren, indem sie sie bei der Mediennutzung begleiten. Lehrer und Pädagogen müssten digitale Kompetenzen lehren und fördern.

nfs

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