Ungeklärte Lungenerkrankungen führen zu erstem Todesfall – E-Zigaretten unter Verdacht

Washington – Die Behörden in den USA gehen einem möglichen Zusammenhang zwischen einer schweren Atemwegserkrankung und der Nutzung von E-Zigaretten nach. Anlass für die Untersuchung ist der Tod eines Erwachsenen, der nach der Nutzung von E-Zigaretten mit „einer schweren, ungeklärten Atemwegserkrankung ins Krankenhaus eingeliefert worden war“ und anschließend verstarb, sagte die leitende medizinische Angestellte des Ministeriums, Jennifer Layden, am vergangenen Freitag.
Nähere Angaben zu dem verstorbenen Patienten machte Layden nicht. Allerdings gebe es in Illinois weitere Krankheitsfälle bei Menschen im Alter von 17 bis 38 Jahren.
Landesweit wurden nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) seit Ende Juni 193 Fälle möglicher Lungenerkrankungen in Verbindung mit der Nutzung von E-Zigaretten verzeichnet. Alle Patienten hätten zuvor Nikotin oder Cannabis über E-Zigaretten konsumiert.
Die genauen Gründe der Erkrankungen seien weiterhin offen. Man habe bislang kein bestimmtes Produkt ausfindig machen können, das mit allen Erkrankungen in Verbindung stehe, teilte die CDC mit. Die Behörden hatten zuletzt erklärt, dass viele Opfer mit Beschwerden THC-Liquids geraucht hätten. Cannabis-Liquids können in Eigenregie angemischt worden sein und sollen illegal über das Internet angeboten werden. Zunächst blieb aber unklar, wie hoch der Anteil der THC-Konsumenten unter den Betroffenen war.
Eine andere Möglichkeit, zu der die allmähliche Zunahme der Beschwerden passt, wäre eine chemische Lungenschädigung. Auch diese Hypothese ist derzeit unbewiesen. Als potenzielle Reizstoffe kommen laut CDC Metalle wie Blei infrage, die sich von den Heizspiralen lösen und mit dem Dampf als „ultrafeine Partikel“ eingeatmet werden. Auch hinsichtlich einiger Aromastoffe gebe es Bedenken, so die CDC.
Andere Ursache nicht ausgeschlossen
Die Ermittlungen der CDC würden noch andauern, teilte der CDC-Leiter Robert R. Redfield mit. Das CDC arbeitet mit den staatlichen und lokalen Gesundheitsministerien und der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA zusammen, um die Ursache für den anhaltenden Ausbruch zu ermitteln.
Angesichts der intensiven Diskussion über die Risiken von E-Zigaretten kann derzeit nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die Erkrankungen am Ende andere Ursachen haben.
Dennoch warnte Redfield erneut: „Dieser tragische Tod in Illinois verstärkt die ernsten Risiken, die mit E-Zigarettenprodukten verbunden sind.“ Vaping setze die Anwender Substanzen aus, deren Auswirkungen noch nicht austreichend bekannt seien, wie etwa Aromen, Nikotin, Cannabinoide und Lösungsmittel.
Auch Niedersachsens Ärztekammerpräsidentin Martina Wenker bestätigte: „Die Aerosole aus den Tausenden erhältlichen Liquiden können schädliche Substanzen enthalten, deren toxikologische Werte im Falle einer Inhalation niemand kennt.“
Keine vergleichbaren Fälle in Deutschland
Für Robert Loddenkemper, Experte für E-Zigaretten bei der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), ist es denkbar, dass eine komplexe allergische Reaktion auf Bestandteile des Dampfs die Symptome bei den US-amerikanischen Patienten ausgelöst hat. Es seien in den vergangenen Jahren bereits vergleichbare Fälle beschrieben worden. Allerdings seien auch andere Ursachen möglich. Aus Deutschland ist Loddenkemper kein vergleichbarer Fall bekannt.
Die Krankheitsfälle in den USA seien untypisch: „E-Zigaretten werden eigentlich mit anderen gesundheitlichen Schäden in Verbindung gebracht“, sagte Loddenkemper.
Studien zufolge könnten sie chronische Bronchitis, Asthma und COPD auslösen und zu Gefäßstörungen und Herzinfarkt führen. Mikropartikel im Dampf der E-Zigaretten können dem DGP-Experten zufolge über die Lunge in den Organismus gelangen und Krankheiten in weiteren Organen verursachen.
Die Schadstoffmenge im Aerosol von E-Zigaretten ist Analysen zufolge deutlich niedriger als im Rauch von normalen Zigaretten. Trotzdem ist es unabhängig von den aktuellen Krankheitsfällen in den USA unter Experten umstritten, ob E-Zigaretten als weniger schädliche Alternative zu normalen Zigaretten oder für Rauchentwöhnung zu empfehlen sind.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) schreibt in einem Faktenblatt Ende 2018: „Im Vergleich zu Tabakzigaretten sind E-Zigaretten zwar sehr wahrscheinlich deutlich weniger schädlich, dennoch sind sie keine harmlosen Life-Style-Produkte.“
Angesichts gesundheitlicher Risiken von E-Zigaretten hat die Pneumologin Wenker ein Werbeverbot für die Verdampfer gefordert. Sie kritisierte: „Vor allem Jugendlichen wird weis gemacht, das sei eine gesündere Alternative zum Rauchen.“ Bei dem von Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigten Außen-Werbeverbot für Zigaretten ist jedoch noch unklar, ob E-Zigaretten ausgenommen werden könnten.
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