Runder Tisch stellt Standards für die medizinische Versorgung nach sexualisierter Gewalt vor

Berlin – Der „Runde Tisch Berlin – Gesundheitsversorgung bei häuslicher und sexualisierter Gewalt“ hat Standards für die medizinische Versorgung nach sexualisierter Gewalt erarbeitet. Sie sollen sicherstellen, dass Betroffene bundesweit niedrigschwelligen Zugang zu professioneller Hilfe erhalten – unabhängig davon, ob sie eine Strafanzeige erstatten möchten oder nicht.
Die Initiatoren hoffen, dass die Empfehlungen bundesweit als Modell dienen und langfristig in die medizinische Praxis integriert werden. 33 Fachgesellschaften, Verbänden und Betroffenenvertretungen haben die Standards mitgezeichnet.
„Die gesundheitlichen Folgen sexualisierter Gewalt sind immens. So liegt das Risiko, nach einer Vergewaltigung an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu erkranken, bei über 50 Prozent. Ich habe die Hoffnung, dass sich unsere künftige Bundesregierung für eine sichere und kostenfreie medizinische und psychotherapeutische Versorgung nach sexualisierter und häuslicher Gewalt engagieren wird“, sagte Ina Czyborra (SPD), Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege in Berlin und Vorsitzende des Runden Tisches.
Die Ausarbeitung beschreibt, wie die Versorgung von Opfern sexualisierter Gewalt idealtypisch aussieht und welche Leistungen sie umfassen soll. Er benennt Maßnahmen der Ersthilfe, der medizinischen Versorgung – somatisch und psychosozial – sowie der medizinischen Nachsorge, zu der auch das Erkennen von Traumafolgestörungen gehöre.
Ein besonderer Fokus liegt auf der traumasensiblen Behandlung, der gerichtsfesten Dokumentation und der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Gesundheitswesen, Polizei und Beratungsstellen.
Die Autoren weisen darauf hin, dass es bisher Lücken in der Versorgung gebe, zum Beispiel seien die Strukturen für gerichtsverwertbare Dokumentation und anonymisierte Spurensicherung nicht in allen Regionen ausreichend ausgebaut. Außerdem fehle eine einheitliche Finanzierung der Maßnahmen. Viele medizinische Fachkräfte fühlten sich zudem im Umgang mit Betroffenen unsicher.
Das Dokument schlägt daher strukturelle Verbesserungen vor, darunter einheitliche Schulungen für medizinisches Personal, verbindliche Regelungen zur Finanzierung und eine stärkere Vernetzung von Gesundheitswesen, Polizei und Beratungsstellen.
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