SARS-CoV-2: Hausärzte wollen zügig an Impfungen beteiligt werden

Berlin – Deutschlands Hausärzte wollen die Menschen weiterhin zügig gegen SARS-CoV-2 impfen. Während nach der Wiederfreigabe von Astrazeneca zum Impfen in manchen Bundesländern die Modellprojekte weiterlaufen, wollen die Ärzte in anderen Regionen dringend eingebunden werden.
In Sachsen haben in einem Modellprojekt 39 Hausarztpraxen die Impfungen fortgesetzt. „Die Nachfrage ist sehr groß, nur vereinzelt gibt es Absagen“, sagte der Hausarzt Axel Stelzner. Pro Tag werden in seiner Hausarztpraxis in Lichtentanne (Landkreis Zwickau) derzeit zwischen 20 und 40 Patienten täglich geimpft, rund 600 Dosen des Astrazeneca-Impfstoffes hat Stelzner bisher erhalten.
Auch nach dem vorläufigen Stopp für den Impfstoff von Astrazeneca gebe es keine Mühe, das Vakzin „an den Mann oder die Frau zu bringen“, betonte Stelzner. Impftermine in seiner Praxis seien bereits für 14 Tage im Voraus gebucht.
Die Praxis von Stelzner gehört zu 39 Hausarztpraxen im Freistaat, mit den das Impfen über Hausarztpraxen getestet werden soll. Die ausgewählten Modellpraxen – unter anderem in Bad Elster, Hoyerswerda, Torgau und Annaberg-Buchholz – fungieren dabei als Außenstellen eines Impfzentrums.
Befristet ist das Pilotprojekt bis Mitte April. Dann sollen die Hausärzte bundesweit verstärkt impfen. Eigentlich sollte das Pilotprojekt schon am Montag vor einer Woche beginnen, musste jedoch nach dem vorläufigen Impfstoff von Astrazeneca wieder gestoppt werden.
Der Sächsische Hausärzteverband hatte schon lange gefordert, die niedergelassenen Ärzte stärker in die Impfkampagne einzubinden und dabei auf kurze Wege und den engen Kontakt zu Patienten verwiesen.
Ab heute sollten zudem mehr als 100 niedergelassene Ärzte im Vogtland mit Astrazeneca beliefert werden, um in der Hotspotregion beim Impfen schneller voranzukommen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums bekommen die Praxen voraussichtlich morgen den entsprechenden Impfstoff.
Man erwarte heute letzte Rückmeldungen von Ärzten über die Impfstoffbestellung, hieß es im Ministerium. Bisher wurden von 117 Praxen rund 16.800 Impfdosen geordert. Die Impfreihenfolge wurde in der Region aufgehoben. Jeder ab 18 soll sich dort impfen lassen können.
Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Sachsen befürwortet mehr Coronaschutzimpfungen durch niedergelassene Ärzte, wenn mehr Impfstoff zur Verfügung steht. Über Hausarztpraxen und andere Ärzte gebe es mindestens die fünffache Kapazität für das Impfen als in den Impfzentren, sagte Klaus Heckemann in Dresden.
Die 20 Impfdosen pro Woche, die laut Bund-Länder-Beschluss nach Ostern zunächst in den Praxen ankommen sollen, seien nicht ausreichend. Niedergelassene Ärzte könnten problemlos 200 Impfungen pro Woche schaffen.
Denkbar sei zum Beispiel die Einführung einer Samstagssprechstunde, in der ausschließlich geimpft werde, sagte Heckemann. Das Impfen müsse auch nicht auf die Hausärzte beschränkt bleiben. „Warum soll ein Orthopäde, Urologe oder Chirurg nicht auch impfen?“
In der Woche nach Ostern sollen bundesweit knapp 3,3 Millionen Impfdosen geliefert werden. Die niedergelassenen Ärzte sollen davon knapp eine Million bekommen. Das wären bei einer Beteiligung von 50.000 Praxen jeweils 20 Dosen pro Woche.
Der KV-Vorsitzende schlug zudem vor, die verschiedenen Impfstoffe an verschiedene Impfstellen zu verteilen. Biontech solle wegen der schwierigeren Lagerung in den Impfzentren bleiben, sagte Heckemann.
Der Impfstoff muss bei sehr tiefen Minusgraden aufbewahrt werden. Der Astrazeneca-Impfstoff solle dagegen an die Arztpraxen gehen. Laut Heckemann gibt es in Sachsen rund 5.500 niedergelassene Ärzte.
2.500 davon seien Hausarztpraxen.
Der Ärzteverband Hartmannbund Thüringen rief die Landesregierung auf, Hausarztpraxen uneingeschränkt Coronaimpfungen zu ermöglichen. „Wir sollten an dieser Stelle Priorisierung Priorisierung sein lassen und ab sofort nach bestem Wissen und Gewissen selbst entscheiden dürfen, wie vorhandene Vakzine sinnvoll einzusetzen sind. Wir können das“, sagte der Vorsitzende des Hartmannbundes in Thüringen, Jörg Müller.
Was man jetzt nicht brauche, sei „ein völlig unsinniges Übermaß an Impfbürokratismus“. Dass die in Kürze in Kraft tretende neue Impfverordnung den Ärztinnen und Ärzten in dieser Hinsicht ohnehin mehr Spielräume ließe, spreche umso mehr für dieses Vorgehen.
Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) geht davon aus, dass die Coronaimpfungen im Sommer weitgehend abgeschlossen sein könnten. „Wenn es gut läuft, die Hausärzte bald eingebunden sind und genug Impfstoff kommt, könnten wir im Juli oder August mit dem Gröbsten durch sein“, sagte KVH-Vorstandschef Walter Plassmann dem Hamburger Abendblatt. Das Virus werde aber bleiben, warnte er. „Es ist gut möglich, dass wir dagegen jährlich werden impfen müssen – wie bei der Grippe.“
Die Brandenburger Landesärztekammer hat bislang mehr als 100 Impfärzte vermittelt. Das seien nicht nur niedergelassene Vertragsärzte, auch Ruheständler, privatärztliche und angestellte Ärzte hätten sich bereiterklärt, teilte die Kassenärztliche Vereinigung heute mit.
Auf den Aufruf der Landesärztekammer Ende vergangenen Jahres, für Einsätze in den Impfzentren des Landes und darüber hinaus zur Verfügung zu stehen, hatten 400 Kollegen spontan zugesagt. Davon kamen rund 250 aus Brandenburg selbst, etwa 150 aus Berlin und rund 15 weitere aus anderen Bundesländern. Bis Ende dieser Woche konnten mehr als 100 Ärzte an die Landkreise, die Kassenärztliche Vereinigung sowie das Deutsche Rote Kreuz vermittelt werden.
Bedarf bestehe noch in den Regionen Ostprignitz, Spree-Neiße, Elbe-Elster und der Uckermark, sagte der Präsident der Landesärztekammer Brandenburg Frank-Ullrich Schulz. Ärzte, die Impfdienste in diesen Regionen übernehmen könnten, sollen Kontakt zur Landesärztekammer aufnehmen.
Bayerns Kassenärzte sehen sich für den geplanten Impfstart in den Praxen gerüstet. Die niedergelassenen Haus- und Fachärzte seien „gewappnet für die Mammutaufgabe“, teilte die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) mit. Voraussetzung dafür sei aber, dass Impfstoff in ausreichender Menge verfügbar ist.
Die Impfdosen sollten über Großhandel und Apotheken an die Arztpraxen verteilt werden, forderte die KVB. Diese sollten dann bei den Impfungen möglichst selbst über Termine und Priorisierung von Patienten entscheiden, die Dokumentation müsse dabei „so einfach und unbürokratisch wie möglich“ sein.
Bei der Vertreterversammlung der KV am vergangenen Samstag äußerten die bayerischen Vertragsärzte demnach erneut Kritik an „immer neuen Gesetzesvorhaben“ des Bundesgesundheitsministeriums zur Digitalisierung im Gesundheitswesen. Dies habe zur Folge, dass die Praxen nicht zur Ruhe kommen und sich nicht voll auf die Bewältigung der Folgen der Coronapandemie konzentrieren könnten, teilte die KVB mit.
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