Politik

SARS-CoV-2: Mindestens 107 Infektionen nach Gottesdienst

  • Montag, 25. Mai 2020
Hessen, Frankfurt/Main - Der Schriftzug „Bethaus“ sowie ein Kreuz prangen an der Fassade des Gemeindehauses der Evangeliums Christen Baptisten. /picture alliance, Arne Dedert
Gemeindehauses der Evangeliums Christen Baptisten. /picture alliance, Arne Dedert

Frankfurt/Hanau/Wiesbaden – Im Umfeld einer freien baptistischen Gemeinde in Frank­furt am Main haben sich mindestens 107 Menschen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in­fiziert. Das teilte der hessische Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) gestern in Wiesba­den mit.

Auslöser soll ein Gottesdienst vor zwei Wochen (10. Mai) in Frankfurt gewesen sein. Die meisten der betroffenen Frankfurter hätten sich danach aber wohl zu Hause infiziert, sag­te der Leiter des Gesundheitsamtes der Stadt, René Gottschalk. Mehr als 40 der 107 Infi­zierten lebten in der größten hessischen Stadt.

26 Infizierte wohnen im Wetteraukreis, wie der Kreis mitteilte, und 17 in Hanau, wie es von der Stadt hieß. Zudem gibt es dem Ministerium zufolge noch mehrere Fälle im Hochtau­nuskreis. Möglicherweise seien auch noch andere Landkreise betroffen, sagte eine Minis­teriumssprecherin. Die genaue Zahl stehe noch nicht fest.

Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) kritisierte den Informationsfluss zu dem Infektionsgeschehen. „Das grenzt an organisierte Unverantwortlichkeit.“ Er forderte Infor­ma­tionen von den zuständigen Stellen, dem Gesundheitsamt des Main-Kinzig-Kreises und dem Land.

Minister Klose betonte: „Diese Situation zeigt, wie wichtig es ist, dass wir alle – gerade während der Lockerungen, die jetzt wieder möglich gemacht werden – wachsam bleiben und nicht leichtsinnig werden.“ Denn: „Das Virus ist weiterhin da und will sich verbreiten.“

Gottschalk sagte über die Frankfurter Fälle: „Die weitaus meisten sind nicht sonderlich krank. Nach unserem Kenntnisstand ist auch nur eine Person in einem Krankenhaus.“ Die Einzelfälle würden nachverfolgt. „Wir haben das gut im Griff.“ Wie es den 17 Infizierten in Hanau gehe, wisse er nicht, sagte Daniel Freimuth vom Krisenstab der Stadt.

Der Oberbürgermeister habe noch keine Informationen vom zuständigen Gesundheits­amt des Main-Kinzig-Kreis bekommen. „Wir wissen nicht, um wen es sich handelt, welches Al­ter die Betroffenen haben, und ob und wo sie sich in den vergangenen Tagen in unserer Stadt bewegt haben“, kritisierte OB Kaminsky. „Die Sorge der Bevölkerung ist verständ­licher­weise groß.“ Sie habe einen Anspruch auf Klarheit.

Im Wetteraukreis wurden im Zusammenhang mit den 26 Infizierten 76 Menschen in Qua­ran­täne geschickt, wie der Kreis gestern mitteilte. Ein positiv getestetes Kind habe einen städtischen Kindergarten in Karben-Petterweil besucht. Alle anderen Kinder in der Notbetreuung und die Erzieherin seien nach Tests jedoch ohne Befund. „Niemand hat sich bei dem Kind angesteckt, das sich jetzt, wie seine Eltern, in häuslicher Absonderung be­findet.“

Der stellvertretende Vereinsvorsitzende der Gemeinde der Evangeliums-Christen-Baptis­ten, Wladimir Pritzkau, hatte vorgestern gesagt, es befänden sich sechs Betroffene in Kran­kenhäusern. Die anderen seien zu Hause. „Wir haben alle Versammlungen abgebro­chen. Gottesdienste gibt es jetzt nur noch online“, sagte der 64-Jährige. „Bei uns ist es eine schwierige Lage.“

Wie viele Besucher zu dem Gottesdienst am 10. Mai gekommen waren, könne er „nicht genau sagen“, meinte Pritzkau. „Bei uns sind aber alle Regeln eingehalten worden.“ Es habe Desinfektionsmittel gegeben, der vorgeschriebene Abstand sei beachtet worden.

Oberbürgermeister Kaminsky kritisierte, offenbar hätten keine Namenslisten vorgelegen, dies erschwere jetzt die Aufklärung. „Die Gesundheitsämter vor Ort haben die Kontakt­per­sonennachverfolgung unmittelbar aufgenommen, das Land steht mit ihnen in engem Kontakt“, sagte dagegen Minister Klose. Im Bedarfsfall biete das Land Unterstützung an.

Religiöse Versammlungen sind in Hessen seit dem 1. Mai unter Auflagen wieder erlaubt. So muss in Kirchen und anderen Gotteshäusern der Mindestabstand von 1,50 Meter zwi­schen den Menschen eingehalten werden, nötig sind zudem weitere Hygienemaß­nahmen wie das Aufstellen von Desinfektionsspendern.

dpa

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