SARS-CoV-2: USA melden mehr als 50.000 Neuinfektionen, steigende Zahlen weltweit

Washington – In den USA schnellen die Zahlen zu SARS-CoV-2 in die Höhe. Während US-Präsident Donald Trump weiter an das Verschwinden des Virus glaubt, nahmen mehrere Bundesstaaten kurz vor dem Nationalfeiertag am 4. Juli Lockerungen des Alltagslebens zurück.
Die Johns-Hopkins-Universität meldete für gestern rund 50.700 neuen SARS-CoV-2-Fälle an einem Tag. Schon in der vergangenen Woche hatte das Infektionsgeschehen stark angezogen, meist wurden mehr als 40.000 Fälle täglich verzeichnet. Das sind mehr als beim bisherigen Höhepunkt der Pandemie im April und Mai.
Besonders betroffen sind die Bundesstaaten Florida, Texas, Arizona, Georgia und Kalifornien. Insgesamt verzeichneten die USA, die mehr als 320 Millionen Einwohner haben, seit Beginn der Pandemie bisher mehr als 2,6 Millionen Infektionen und mindestens 128.000 Tote.
Mit Blick auf den Nationalfeiertag am 4. Juli zeigten sich mehrere US-Gesundheitsexperten angesichts des erwarteten höheren Reiseaufkommens und der Lockerungen besorgt. Es könne sich „ein perfekter Sturm“ zusammenbrauen, zitierte der Sender CNN einen Arzt für Infektionskrankheiten.
Problematisch sei zudem, dass sich die Menschen nicht immer an die Hygienevorschriften hielten. Der führende US-Immunologe Anthony Fauci hatte vorgestern gewarnt, dass es bald täglich 100.000 Neuinfektionen geben könnte. Die USA bewegten sich in die falsche Richtung.
In Kalifornien und Michigan wurden Lockerungen bereits wieder zurückgenommen. Die Innenbereiche von Bars und Restaurants wurden in mehreren Städten wieder geschlossen. Im US-Bundesstaat Pennsylvania wurde eine Maskenpflicht angeordnet.
US-Präsident Trump zeigte sich indes zuversichtlich, dass sich die Wirtschaft bald wieder erholen wird. „Das Virus wird irgendwann gewissermaßen einfach verschwinden“, sagte der Republikaner dem Fernsehsender Fox Business. Schon zuvor hatte er immer wieder darauf verwiesen, dass sich die hohen Infektionszahlen durch eine erhöhte Zahl der Testungen erklären ließen.
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, sagte, das Land befinde sich mittlerweile in einer anderen Situation als zu Beginn der Pandemie. „Wir sind ausgestattet für das, was wir am Horizont sehen“, sagte sie in einer Pressekonferenz.
Gegenwind kommt von den Demokraten, die dem Republikaner Trump vorwerfen, vor dem Virus kapituliert zu haben. Mehrere demokratische Senatoren kündigten an, das Verhalten der Regierung in einer parteiübergreifenden Kommission untersuchen lassen zu wollen. Diese solle ähnlich zusammengestellt werden, wie die Untersuchungskommission für die Terroranschläge vom 11. September.
„Von Anfang an wurde die Reaktion der Verwaltung auf die COVID-19-Pandemie durch Versorgungsengpässe, mangelnde Koordination und die Unfähigkeit, das Virus einzudämmen, erschwert“, sagte die kalifornische Senatorin Dianne Feinstein in einer Mitteilung. Es gehe jetzt darum, Lehren für kommende Pandemien zu ziehen.
Auch in Trumps engerem Umfeld hat der Umgang mit dem Coronavirus nach einem CNN-Bericht für Diskussionen gesorgt. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und Stabschef Mark Meadow hatten zuletzt eine schnellere Öffnung der Wirtschaft angestrebt und haben nun erhebliche Bedenken mit Blick auf die Wiederwahl im November, wie der Sender mit Verweis auf nicht namentlich genannte Trump-Berater berichtete.
Andere Regierungsmitglieder, darunter Vizepräsident Mike Pence, konzentrierten sich hingegen stärker auf die Eindämmung der Pandemie. Trump hatte sich während seiner Präsidentschaft immer wieder mit der gut laufenden US-Wirtschaft gebrüstet. Die Pandemie hat die Wirtschaft jedoch empfindlich getroffen. Mehr als 45 Millionen Menschen verloren seit Mitte März mindestens zeitweise ihren Job – so viele wie nie zuvor in solch kurzer Zeit. Die Arbeitslosigkeit lag im Mai bei 13,3 Prozent.
In der Debatte um die Maskenpflicht hatten sich Trumps Parteifreunde ebenfalls von seiner bislang gefahrenen Linie entfernt. Der Präsident hält nichts von einer landesweiten Maskenpflicht. Er wird immer wieder damit konfrontiert, dass er sich in der Öffentlichkeit nicht mit Maske zeigt – also nicht mit gutem Beispiel vorangeht.
Mittlerweile ist neben anderen republikanischen Politikern auch Vizepräsident Mike Pence öfter mit Maske zu sehen. Trumps Stellvertreter empfiehlt den US-Bürgern jetzt auch aktiv das Tragen einer Bedeckung für Mund und Nase.
Trump selbst betonte im Fox-Interview, in den USA gebe es genug Orte, an denen ausreichend Abstand eingehalten werden könne. Er habe persönlich aber keine Probleme damit, eine Maske zu tragen. „Ich hatte sogar eine Maske auf (und) ich mochte irgendwie, wie ich ausgesehen habe“, sagte er.
Fälle in Südafrika steigen rasant an
Die USA sind nicht das einzige Land, das weltweit rasant steigende Fälle verzeichnet. In Südafrika steigt die Zahl der Neuinfektionen ebenfalls an. Innerhalb eines Tages meldeten die Behörden nach den letzten verfügbaren Zahlen 8.124 neue Fälle sowie 92 Todesfälle.
Nach der Westkap-Provinz mit Kapstadt als Zentrum entwickelt sich nun das Wirtschaftszentrum rund um Johannesburg zur Schwerpunktregion. Die Provinz Gauteng stellt jetzt mit 45.944 Fällen knapp 29 Prozent aller landesweiten Fälle, die Westkap-Provinz kommt mit 64,377 Fällen auf 40,4 Prozent. Insgesamt hat Südafrika nach den letzten verfügbaren Zahlen 159.333 SARS-CoV-2-Fälle verzeichnet.
Das Coronavirus hatte sich im Vergleich zu anderen Weltregionen in Afrika bisher relativ langsam verbreitet, und die meisten Regierungen haben rasch strenge Maßnahmen verhängt. Die meisten Todesfälle in Afrika gibt es laut einer Übersicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in den Ländern Algerien, Ägypten, Nigeria, Südafrika und Sudan. Südafrika gilt bei der Zahl der Fälle als am stärksten betroffen.
Israel auf Rekordwert
Auch in Israel hat die Zahl der Neuinfektionen einen neuen Höchstwert erreicht. Wie das Gesundheitsministerium am späten Abend mitteilte, wurden binnen 24 Stunden 868 neue Fälle registriert. Das ist der höchste Ein-Tages-Wert, der in Israel seit dem Ausbruch der Pandemie registriert wurde. Der bisherige Höchstwert stammt mit 819 vom 3. April.
In der Nacht wurden daher neue Beschränkungen verkündet. Verschiedene Viertel in Lod bei Tel Aviv sowie in der Hafenstadt Aschdod sollten für mindestens eine Woche abgeriegelt werden.
Auch in den Palästinensergebieten soll von morgen an ein fünftägiger Lockdown in Kraft treten. In Israel und den Palästinensergebieten war die Pandemie zunächst glimpflich verlaufen. Nach Lockerungen sind die Zahlen der Infizierten jedoch seit gut einem Monat stark angestiegen.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums ist der Erreger SARS-CoV-2 bisher bei 26.257 Menschen in Israel nachgewiesen worden, 322 Infizierte sind gestorben. In den Palästinensergebieten gibt es bisher 2.758 bekannte Infektionsfälle mit dem Coronavirus, acht Menschen starben.
Katastrophale Zuständen in Bolivien
In Bolivien droht sich die Lage in der Pandemie weiter zuzuspitzen. Wie die Tageszeitung Los Tiempos berichtet, warnen Mediziner, vor dem Kollaps des Gesundheitssystems in der viertgrößten Stadt Cochabamba.
„Wir stehen an einem Beginn einer Katastrophe – gesundheitlich und humanitär“, hieß es. Es gäbe zahlreiche Tote in den Straßen, Häuser und vor den Türen der Hospitäler. Die Tageszeitung Jornada berichtet über eine Überlastung der lokalen Friedhöfe. Dies führe dazu, dass derzeit mindestens 40 Leichen nicht bestattet werden könnten und noch in den Unterkünften auf Abholung warteten.
Nach tagelangen Auseinandersetzungen stimmte das Parlament gestern einem neuen Gesetz zu, dass auch Privatkliniken verpflichtet künftig COVID-19-Patienten aufzunehmen. Damit soll die Erhöhung der Krankenbettzahlen erreicht werden. Nach WHO-Angaben gibt es in Bolivien derzeit rund 32.000 registrierte Infektionen und fast 1.100 Tote.
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