Schmerzpatienten weiterhin unterversorgt

Berlin – Chronisch Kranke sind in Deutschland nach wie vor deutlich unterversorgt. Darauf hat der Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland (BVSD) anlässlich der Vorstellung des neuen BVSD-Weißbuchs Schmerzmedizin hingewiesen.
Demnach können in Deutschland derzeit rund 350.000 Patienten mit schweren chronischen Schmerzen von einem der 1.206 ambulant tätigen Schmerztherapeuten in einem Quartal versorgt werden. Es gebe aber 3,4 Millionen Menschen in Deutschland mit schweren chronischen Schmerzen, wie die BVSD erklärt.
Die BVSD weist in ihrem Weißbuch auch auf regionale Unterschiede in der Versorgung hin. Demnach liegen zwischen den ersten Symptomen einer chronischen Schmerzerkrankung und dem Beginn von qualifizierten schmerzmedizinischen Maßnahmen in den Bereichen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) Thüringen bis zu 6,5 Jahre, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (5,6 Jahre), Berlin und Westfalen-Lippe (5,7Jahre) und Hamburg (4,2 Jahre). Schmerzpatienten in Sachsen-Anhalt erreichen hingegen dem Verband zufolge mit einer Verzögerung von drei Jahren eine geeignete schmerztherapeutische Behandlung.
„Politische Versäumnisse sind für diese für die Patienten beschämende Situation verantwortlich“, betonte der BVSD-Vorsitzende Joachim Nadstawek. Seit Jahren würde auf massive Defizite in der Versorgung von Patienten mit chronischen Schmerzen hingewiesen und die gemeinsame Selbstverwaltung zum Handeln aufgefordert.
Aber bislang habe es diese nicht geschafft, geeignete Verbesserungsmaßnahmen zu ergreifen, obwohl ein dringender Handlungsbedarf auch vonseiten aller Fraktionen im Bundestag mehrfach bestätigt worden sei, sagte Nadstawek. Unnötige und kostenintensive Diagnostik, Behandlungen und Operationen seien die Folgen der Patientenodysseen und der sich häufig daran anschließenden schmerzmedizinischen Fehlversorgung.
Als Herausforderung sieht der BVSD auch den Fachkräftemangel. So würden in fünf Jahren 54 Prozent der heute tätigen Schmerzmediziner vor dem Ruhestand stehen, warnte Nadstawek. Im Durchschnitt seien Ärzte 54,1 Jahre alt. Nach Berechnungen des BVSD betrage das durchschnittliche Alter von Schmerzmedizinern hingegen 56,9 Jahre.
Ein weiteres Problem macht der BVSD in den Regressfällen aus. So hätten lediglich 54,6 Prozent der zum „BVSD-Weißbuch Schmerzmedizin 2019“ befragten Schmerzmediziner in den Jahren 2015 bis 2017 keine Regressandrohung erhalten. In Regressfällen ging es am häufigsten (34 Prozent) um die Überschreitung des Arzneimittelbudgets: starke Opioide (51,1 Prozent), Antiepileptika (33 Prozent), Antidepressiva (22,7 Prozent).
Von Regressfällen wegen der Überschreitung des Heilmittelbudgets waren der Umfrage zufolge 23 Prozent der Umfrageteilnehmer betroffen. Überdurchschnittlich häufig (> 70 Prozent aller Nennungen) wurden Regressandrohungen für die KV-Bereiche Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen genannt, hieß es.
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