Schnarchende Kinder profitieren nur bedingt von Adenotonsillektomie

Boston – Bei Kindern, die schnarchen und leichte schlafbezogene Atmungsstörungen haben, bringt eine sofortige Adenotonsillektomie hinsichtlich exekutiver Funktion und Aufmerksamkeit keinen Vorteil. Sie kann aber im Vergleich zu beobachtendem Abwarten Verhalten, Symptome und Lebensqualität der Kinder verbessern, wie US-Autoren in JAMA berichten (2023; DOI: 10.1001/jama.2023.22114).
„Schlafbezogene Atmungsstörungen rangieren von habituellem Schnarchen bis hin zu häufigen Atemaussetzern. Etwa 6-17 % der Kinder sind von der Erkrankung betroffen, wobei die Prävalenz bei ethnischen Minderheiten und Kindern aus Familien mit niedrigem Einkommen höher ist“, berichten die Forschenden um Susan Redline vom Brigham and Women’s Hospital in Boston.
In Folge unbehandelter schlafbezogener Atmungsstörungen könne es zu Verhaltensproblemen, Tagesschläfrigkeit und Störungen des Wachstums und der neurologischen Entwicklung kommen. Die Patienten hätten zudem eine reduzierte Lebensqualität und erkrankten häufiger an kardiovaskulären und metabolischen Erkrankungen.
Gleich operieren oder erst einmal abwarten?
In die randomisierte Studie wurden Kinder im Alter von 3-13 Jahren eingeschlossen, die schnarchten und leichte schlafbezogene Atmungsstörungen (Apnoe-Hypopnoe-Index [AHI] < 3) aufwiesen. Sie wurden auf eine sofortige Adenotonsillektomie oder beobachtendes Abwarten randomisiert und anschließend 12 Monate lang nachbeobachtet.
Als primäre Endpunkte untersuchten die Forschenden zum einen die Veränderungen des Behavior Rating Inventory of Executive Function (BRIEF) Global Executive Composite (GEC) T-Score, einem Messinstrument für exekutive Funktionen, das auf Angaben der Eltern beruht. Zum anderen führten sie einen computerisierten Aufmerksamkeitstest, den Go/No-go (GNG)-Test, durch. Dieser reflektiert die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion auf Target- versus Non-Target-Stimuli.
Exekutive Funktionen und Aufmerksamkeit unterschieden sich nicht
Von den 458 Kindern in der analysierten Stichprobe hatten 231 sofort eine Adenotonsillektomie erhalten, während bei 237 zunächst abgewartet wurde. Weder bei den exekutiven Funktionen noch bei der Aufmerksamkeit waren nach 12 Monaten signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen auszumachen.
Der BRIEF GEC T-Score sank in dieser Zeit in der sofort operierten Gruppe um 3,1 Punkte, während er in der Gruppe mit beobachtendem Abwarten um 1,9 Punkte abnahm (Differenz -0,96 [95-%-KI -2,66 bis 0,74]). Ebenso bei der Aufmerksamkeit: Der GNG-Score veränderte sich in der Adenotonsillektomie-Gruppe um 0,2, in der Gruppe mit beobachtendem Abwarten um 0,1 (Differenz 0,05 [95-%-KI -0,18 bis 0,27]).
Bei Verhalten und Lebensqualität hat Adenotonsillektomie Vorteile
Sekundäre Endpunkte wie Verhaltensprobleme, Schläfrigkeit, Symptome und Lebensqualität verbesserten sich aber bei sofortiger Adenotonsillektomie stärker als bei beobachtendem Abwarten. Die Adenotonsillektomie war außerdem mit einer stärkeren Abnahme des systolischen und diastolischen Blutdrucks assoziiert. Und die sofort operierten Kinder zeigten seltener eine Progression des AHI auf Werte > 3 Ereignisse/Stunde.
Was die Sicherheit anbelangte, kam es bei 6 Kindern (2,7 %), bei denen eine Adenotonsillektomie durchgeführt wurde, zu schweren unerwünschten Ereignissen, durchweg perioperative Komplikationen. Aber langfristig hatte die operative Behandlung keine negativen Konsequenzen. Das Risiko, mindestens ein unerwünschtes Ereignis zu haben, unterschied sich nicht zwischen den beiden Gruppen.
Die Autoren schlussfolgern: „Bei Kindern mit leichten schlafbezogenen Atmungsstörungen führte eine Adenotonsillektomie im Vergleich zu beobachtendem Abwarten nicht zu einer signifikanten Verbesserung der exekutiven Funktionen oder der Aufmerksamkeit. Aber sofort operierte Kinder zeigten bei der 12-Monats-Kontrolle günstige Effekte auf Verhalten, Symptome, Lebensqualität und Blutdruck.“
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: