Schon niedrige Dosis Benzpyren im Tabakrauch erhöht Krebsrisiko

Mainz – Schon eine niedrige Dosis des im Tabakrauch enthaltenen Umweltgiftes Benzpyren schädigt die Erbsubstanz. Die Zellen passen sich jedoch an diesen Schaden an – allerdings um den Preis eines erhöhten Mutationsrisikos. Das berichten Wissenschaftler des Instituts für Toxikologie an der Universitätsmedizin Mainz in der Fachzeitschrift Nucleic Acids Research (2016; doi: 10.1093/nar/gkw873).
Was geschieht in einer Zelle, wenn sie mit geringen Mengen an karzinogenen Substanzen wie Benzpyren in Kontakt kommt? Die Arbeitsgruppe um Markus Christmann erwartete, dass die Zelle ihre DNA-Reparatur aktiviert. Im Labor konnten sie als Reaktion auf eine niedrige Menge der toxischen Substanz Benzpyren tatsächlich eine Aktivierung der sogenannten Nukleotid-Exzisionsreparatur beobachten. Bei dieser werden DNA-Bausteine um den Schaden herum sowie der Schaden selbst entfernt. Durch Ablesen der Erbinformation auf dem intakten DNA-Strang wird der geschädigte DNA-Bereich neu synthetisiert. Die Zelle kann so weiterleben, ihre DNA duplizieren und sich wieder teilen.
Unerwartet für die Forscher verstärkte sich aber auch die sogenannte Transläsionssynthese. Dabei versucht die Zelle, mit nicht entfernten DNA-Schäden zurechtzukommen, indem Enzyme während der DNA-Replikation über diese DNA-Schäden hinweg lesen. Auf diese Weise werden in der DNA verbliebene Schäden toleriert und die Zelle kann sich weiter vermehren. Dieser Vorgang der Schadentoleranz ist jedoch häufig mit Fehlern behaftet. Das Team um Christmann konnte nachweisen, dass Zellen, die die Behandlung mit Benzpyren überleben, vermehrt Mutationen aufweisen. Laut der Arbeitsgruppe steigt damit das Tumorrisiko.
Bei der Verstärkung der DNA-Reparatur ist offenbar ein als Tumorsuppressor bekanntes Protein involviert, nämlich das bekannte p53. Benzpyren regt p53 an, die DNA-Reparatur zu stimulieren und ebenso die Transläsionssynthese der geschädigten DNA zu verstärken.
Die Aktivierung dieser DNA-Reparaturprozesse beobachteten die Wissenschaftler nicht nur in menschlichen Zellkulturen, sondern auch in Zellen der Mundschleimhaut von Rauchern. Das bedeutet laut der Arbeitsgruppe, dass die Zellen ihrer Mundschleimhaut und wahrscheinlich auch die ihres Lungengewebes der toxischen Schädigung durch Karzinogene adaptiv entgegenwirken und sich folglich anpassen können. „Doch der Preis hierfür ist hoch: Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sich in ihrem Körper ein Tumor entwickelt“, so die Wissenschaftler.
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