Schwangerschaft: Erhöhte Entzündungswerte könnten Gehirnentwicklung des Ungeborenen beeinflussen

Berlin – Infektionen, Stress und Übergewicht können dazu führen, dass Entzündungswerte ansteigen. In der Schwangerschaft besteht damit ein erhöhtes Risiko für psychiatrische Erkrankungen beim Neugeborenen. Insbesondere eine eingeschränkte Impulskontrolle scheint sich zu häufen, berichten Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin in einer Studie mit 86 Frauen, die in Biological Psychiatry veröffentlicht wurde (2017; doi: 10.1016/j.biopsych.2017.05.027).
In Kooperation mit der University of California Irvine untersuchte das Forscherteam um Claudia Buß Frauen und ihr Ungeborenes insgesamt dreimal in jedem Trimenon ihrer Schwangerschaft. Neben Ultraschalldiagnostik und der Auswertung biologischer Proben wurden medizinische Komplikationen erfasst, ebenso das psychische Wohlbefinden der werdenden Mütter. Innerhalb des ersten Monats nach der Geburt führten die Forscher eine Magnetresonanztomographie der Gehirne der Kinder während des natürlichen Schlafes durch. Im Alter von 24 Monaten folgte anhand spielerischer Übungen die Ermittlung der Impulskontrolle der Kinder.
„Wir haben festgestellt, dass bei erhöhten Interleukin-6-Konzentrationen nicht nur neonatale Veränderungen der Amygdala auftraten“, erklärt Buß. Im weiteren Verlauf habe sich gezeigt, dass diese Veränderungen mit einer geringeren Fähigkeit zur Impulskontrolle der jeweiligen Kinder im Alter von zwei Jahren verbunden waren. „Wir schließen daraus auf einen Zusammenhang zwischen erhöhten mütterlichen Entzündungswerten und einem erhöhten Risiko für psychiatrische Erkrankungen, die von einer mangelnden Impulskontrolle begleitet werden“, sagt die Psychologin von der Charité.
Aus dem Tiermodell ist bereits bekannt, dass Infektionen und Entzündungen bei trächtigen Tieren zu Veränderungen der Gehirnentwicklung ihrer Nachkommen sowie zu Verhaltensänderungen führen. Auch epidemiologische Studien untermauern die aktuellen Studienergebnisse. Sie weisen darauf hin, dass mütterliche Infektionen und andere klinische Phänotypen, die mit erhöhten Interleukin-6-Konzentrationen einhergehen, wie beispielsweise Übergewicht, während der Schwangerschaft das Risiko für psychiatrische Krankheiten, wie Schizophrenie und Autismus, erhöhen können.
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