Ärzteschaft

Semaglutid: Mahnung vor unkontrolliertem Einsatz zum Abnehmen

  • Montag, 7. November 2022
/producer, stock.adobe.com
/producer, stock.adobe.com

Berlin – Diabetesmedikamente aus der Gruppe der GLP-1-Rezeptor-Agonisten führen auch bei Menschen ohne Diabetes zu einer Gewichtsreduktion. Mittlerweile werden die Wirkstoffe daher zunehmend bei Über­gewichtigen als Life-Style-Medikament zum Abnehmen eingesetzt.

Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) weist jetzt auf die Risiken einer von den Zulassungsbe­hör­den nicht freigegebenen, unkontrollierten Anwendung hin. Zudem gefährde der Ansturm auf die Medika­mente die Versorgung der eigentlichen Zielgruppe, der Diabetiker, so die Fachgesellschaft.

„GLP-1-Rezeptor-Agonisten helfen bei der Kontrolle des Diabetes und beim Abnehmen, indem sie Völlegefühl verstärken und Hunger und Heißhunger reduzieren“, sagte Harald Schneider, Sprecher der Sektion ange­wandte Endokrinologie der DGE.

Am effektivsten in Bezug auf eine Gewichtsreduktion sei der Wirkstoff Semaglutid (NEJM 2021, DOI: 10.1056/NEJMoa2032183). „In großen klinischen Studien, etwa der STEP-1-Studie, lag die Gewichtsreduktion unter Therapie mit Semaglutid nach 68 Wochen bei 14,9 Prozent“, hieß es aus der DGE. Dabei wurde es in der Dosis von 2,4 Milligramm einmal wöchentlich als Spritze verabreicht und von Lebensstiländerungen beglei­tet.

In Deutschland ist Semaglutid für Diabetiker unter dem Handelsnamen Ozempic in der Dosis 1,0 Milligramm seit dem Jahr 2018 zugelassen. Mittlerweile wurde die Indikation von Semaglutid auf die Therapie der Adipo­sitas erweitert.

In den USA ist Semaglutid seit Juni 2021 unter dem Handelsnamen Wegovy in erhöhter Dosis zugelassen. Seit Januar 2022 hat Wegovy auch die Zulassung der EU-Kommission in der Indikation bei Adipo­sitas erhalten.

Voraussetzung ist laut DGE entweder ein Body-Mass-Index (BMI) von 27 oder höher mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung oder ein BMI von 30 oder höher, jeweils in Verbindung mit einer kalo­rienreduzierten Diät und erhöhter körperlicher Aktivität.

„Aufgrund von Lieferengpässen ist es in Europa jedoch derzeit nicht erhältlich“, betonte Schneider – weshalb es einen Ansturm auf das Diabetesmedikament Ozempic im Off-Label-Use gebe. „Inzwischen ist dadurch der Wirkstoff Semaglutid mancherorts knapp geworden“, so Schneider weiter.

Die unkontrollierte Anwendung ohne Indikation könne aber auch Nebenwirkungen haben, etwa Übelkeit und Erbrechen. Außerdem könnten Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse und der Gallenblase die Folge sein.

„In Tierversuchen fand man zudem ein potenziell erhöhtes Risiko für bestimmte Schilddrüsenkrebsarten“, so der Experte. „Diese Medikamente sollten nur spezialisierte Ärztinnen und Ärzte verschreiben – und auch nur, wenn die medizinische Notwendigkeit besteht und die Anwendung in der Folge sorgfältig überwacht wird“, so sein Votum.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung