Semaglutid: Mahnung vor unkontrolliertem Einsatz zum Abnehmen

Berlin – Diabetesmedikamente aus der Gruppe der GLP-1-Rezeptor-Agonisten führen auch bei Menschen ohne Diabetes zu einer Gewichtsreduktion. Mittlerweile werden die Wirkstoffe daher zunehmend bei Übergewichtigen als Life-Style-Medikament zum Abnehmen eingesetzt.
Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) weist jetzt auf die Risiken einer von den Zulassungsbehörden nicht freigegebenen, unkontrollierten Anwendung hin. Zudem gefährde der Ansturm auf die Medikamente die Versorgung der eigentlichen Zielgruppe, der Diabetiker, so die Fachgesellschaft.
„GLP-1-Rezeptor-Agonisten helfen bei der Kontrolle des Diabetes und beim Abnehmen, indem sie Völlegefühl verstärken und Hunger und Heißhunger reduzieren“, sagte Harald Schneider, Sprecher der Sektion angewandte Endokrinologie der DGE.
Am effektivsten in Bezug auf eine Gewichtsreduktion sei der Wirkstoff Semaglutid (NEJM 2021, DOI: 10.1056/NEJMoa2032183). „In großen klinischen Studien, etwa der STEP-1-Studie, lag die Gewichtsreduktion unter Therapie mit Semaglutid nach 68 Wochen bei 14,9 Prozent“, hieß es aus der DGE. Dabei wurde es in der Dosis von 2,4 Milligramm einmal wöchentlich als Spritze verabreicht und von Lebensstiländerungen begleitet.
In Deutschland ist Semaglutid für Diabetiker unter dem Handelsnamen Ozempic in der Dosis 1,0 Milligramm seit dem Jahr 2018 zugelassen. Mittlerweile wurde die Indikation von Semaglutid auf die Therapie der Adipositas erweitert.
In den USA ist Semaglutid seit Juni 2021 unter dem Handelsnamen Wegovy in erhöhter Dosis zugelassen. Seit Januar 2022 hat Wegovy auch die Zulassung der EU-Kommission in der Indikation bei Adipositas erhalten.
Voraussetzung ist laut DGE entweder ein Body-Mass-Index (BMI) von 27 oder höher mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung oder ein BMI von 30 oder höher, jeweils in Verbindung mit einer kalorienreduzierten Diät und erhöhter körperlicher Aktivität.
„Aufgrund von Lieferengpässen ist es in Europa jedoch derzeit nicht erhältlich“, betonte Schneider – weshalb es einen Ansturm auf das Diabetesmedikament Ozempic im Off-Label-Use gebe. „Inzwischen ist dadurch der Wirkstoff Semaglutid mancherorts knapp geworden“, so Schneider weiter.
Die unkontrollierte Anwendung ohne Indikation könne aber auch Nebenwirkungen haben, etwa Übelkeit und Erbrechen. Außerdem könnten Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse und der Gallenblase die Folge sein.
„In Tierversuchen fand man zudem ein potenziell erhöhtes Risiko für bestimmte Schilddrüsenkrebsarten“, so der Experte. „Diese Medikamente sollten nur spezialisierte Ärztinnen und Ärzte verschreiben – und auch nur, wenn die medizinische Notwendigkeit besteht und die Anwendung in der Folge sorgfältig überwacht wird“, so sein Votum.
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