Vermischtes

Sexueller Kindesmissbrauch: Kommission motiviert Betroffene, das Schweigen zu brechen

  • Dienstag, 3. Mai 2016
Uploaded: 19.03.2014 18:03:14 by mis
/dpa

Berlin – Ab heute können sich von sexuellem Kindesmissbrauch Betroffene jeden Alters anonym und kostenfrei über das „Infotelefon Aufarbeitung“ (Tel.: 0800 4030040) an eine unabhängige Kommission wenden. „Jede Geschichte zählt“, sagte die Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung, Sabine Andresen, heute bei der Vorstellung des Arbeitsprogrammes für die Jahre 2016 bis 2019. Möglich ist eine Kontaktaufnahme auch über die Website www.aufarbeitungskommission.de.

Ab Herbst werden die Betroffenen bundesweit und dezentral vertraulich angehört. Die Gespräche werden von Mitgliedern der Kommission und ihrem erweiterten Anhörungsteam durchgeführt. Die Missbrauchsopfer werden dabei psychologisch begleitet. Ein erstes öffentliches Hearing soll Ende 2016 stattfinden. Der Zwischenbericht der Kommission soll 2017 erscheinen, ein weiterer Bericht im März 2019.

„Die Einrichtung einer Kommission ist zentral für die Anerkennung des Unrechts und Leids von Betroffenen auf gesellschaftlicher und institutioneller Ebene. Betroffenen wurde selten zugehört und oft nicht geglaubt. Wir müssen das strukturelle Versagen des Kindesschutzes aufdecken und uns dem Verschweigen und Wegschauen in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR schonungslos stellen“, betonte Andresen. Nur so könnten Politik und Gesellschaft künftig einen wacheren Blick für die aktuellen Gefährdungen von Jungen und Mädchen entwickeln.

Die Kommission will Missbrauch in Institutionen, in der Familie und durch rituelle Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR untersuchen. Sie möchte dabei Strukturen aufdecken, die Missbrauch in der Vergangenheit ermöglicht und Aufarbeitung verhindert haben, Forschung initiieren und Eckpunkte einer gelingenden Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch modellhaft für Einrichtungen und Organisationen entwickeln.

Insbesondere wolle die Kommission Missbrauchsopfern aus dem familiären Bereich Gehör schenken, erklärte der Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig. „Etwa eine Million Menschen sind in Deutschland Betroffene sexuellen Kindesmissbrauchs. Die Gesellschaft muss diese große Dimension erst noch begreifen.“ Die neue Kommission trage dazu bei, dass Verantwortliche in Politik und Gesellschaft eine größere Vorstellung davon bekämen, welches enorme Leid und welche schweren Folgen sexueller Kindesmissbrauch im Leben von Menschen – und damit auch in der Gesellschaft – anrichte. „Wir dürfen Kindern nicht länger den Schutz vorenthalten, den wir ihnen schon längst geben könnten“, betonte er.

Der Deutsche Bundestag hatte sich im Sommer 2015 für die Einrichtung der Aufarbeitungskommission ausgesprochen. Die Kommission wurde vom Unabhängigen Beauftragten im Januar 2016 bis zum Ende seiner Amtszeit (Ende März 2019) berufen. Deren sieben Kommissionsmitglieder sind ehrenamtlich tätig.

ER

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