Soziale Not kommt in der Hausarztpraxis an
Düsseldorf – Hausärzte sind täglich mit den gesundheitlichen Auswirkungen von Armut in Familien konfrontiert. „Wir sehen schon bei den Kindern, die in ärmeren Verhältnissen leben, die Krankheitslast wachsen, etwa bei sportlicher Inaktivität, Übergewicht und Verhaltensauffälligkeiten“, sagte Stefan Wilm, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Düsseldorf auf dem Kongress „Familienmedizin in der Hausarztversorgung der Zukunft“ in Düsseldorf.
Familienmedizinisch orientierte Hausärzte könnten und müssten darauf reagieren. Hausärztliche Praxen seien ein niedrigschwelliges Angebot für die Betroffenen. Die Familie im Fokus erlaube es, problematischen Entwicklungen vorzubeugen, auf die familiäre Situation abgestimmte Behandlungsoptionen anzubieten und systemische Aspekte mit zu berücksichtigen.
„Wir beobachten in der Langzeitbegleitung der Familien, wie über die Armutsspirale schlechte Bildungschancen zu früher, häufig überforderter Elternschaft führen“, erläuterte Wilm, der selbst als niedergelassener Hausarzt praktiziert und Mitglied im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) ist. Er betonte jedoch auch, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, den Folgen von Armut und Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken – „dies kann nicht an die Kinderärzte und Hausärzte abgeschoben werden“, so Wilm.
In Deutschland ist fast jeder Sechste armutsgefährdet. Die soziale Notlage geht mit einem vermehrten Gesundheitsrisiko einher. „Das gilt für ältere Menschen, deren Armutsrisiko zunimmt, wie für Arbeitslose und Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen“, erläuterte Thomas Lampert vom Robert Koch Institut (RKI) in Berlin auf dem Kongress. Menschen mit niedrigem Sozialstatus seien zwei bis dreifach so häufig von den großen Bevölkerungskrankheiten wie Diabetes, koronarer Herzerkrankung oder Adipositas betroffen wie gut Situierte“, so der RKI-Experte.
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