Spahn will schärfere Strafen bei Gewalt gegen Notfallpersonal

Berlin – Die Bundesregierung will mehr Schutz für Notfallärzte und Pflegekräfte erreichen. Im Rahmen eines Eckpunktepapiers zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität, das das Bundeskabinett auf seiner Sitzung morgen beschließen will, sollen härtere Strafen gegen Gewalttäter und damit Regelungen zum Schutz von medizinischem Personal beschlossen werden.
„Die Zahl der Übergriffe auf Ärzte und Pfleger ist in kürzester Zeit um mehr als die Hälfte gestiegen“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Das sind wir nicht gewillt, länger hinzunehmen.“ Laut einer noch nicht veröffentlichten Studie des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) geben 75 Prozent der Krankenhäuser an, in ihren Notfall-Ambulanzen komme es zu Übergriffen.
„Das ist inakzeptabel“, so Spahn. Deswegen sollten die Strafen für Tätlichkeiten gegen medizinisches Personal in der Notfallversorgung verschärft werden. „Es muss klar werden: Helfer genießen den besonderen Schutz der Gemeinschaft“, betonte Spahn.
Die Bundesärztekammer (BÄK) begrüßte die Ankündigung Spahns. „Härtere Strafen für Prügler und Pöbler in Gesundheitseinrichtungen können abschreckend wirken und sind deshalb gut und richtig“, so Klaus Reinhardt in einer Pressemitteilung. „Wir verstehen die angekündigte Strafrechtsverschärfung aber auch als eine Solidaritätsadresse der Politik an all jene, die oftmals sogar ihre eigene Gesundheit aufs Spiel setzen, um anderen Menschen in Notsituationen zu helfen.“
Spahn plant laut Berichten, dass die Strafe für Gewalttäter gegen medizinisches Personal „jedenfalls härter sein müssen, als sie es grundsätzlich bei Gewalttaten schon sind.“ Spahn sei sich mit seiner Kabinettskollegin, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) „einig, dass wir schnell handeln müssen.“ Er wolle „in Kürze“ einen Formulierungsvorschlag vorlegen, wie das Strafgesetzbuch „konkret geändert werden könnte“, hieß es aus dem Bundesgesundheitsministerium.
In dem Eckpunktepapier, das morgen beschlossen werden soll, geht es vor allem um die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Internet. Der strafrechtliche Schutz der Paragrafen 113 und weiteren soll auf medizinisches Personal von ärztlichen Notdiensten und in Notfallambulanzen erweitert werden. Für Personal im Rettungsdienst gelten bereits Regelung im Strafrecht im sogenannten „Gafferparagraf“.
Die Zunahme an Gewalt wird auch mit Zahlen aus der Kriminalstatistik für Baden-Württemberg deutlich, die vom Bundesinnenministerium für Deutschland hochgerechnet wurde. Nach den Daten wurden 2013 Ärzte 435 Mal Opfer von Gewalt, 2017 lag die Zahl bereits bei 692.
Pflegekräfte fühlen sich noch häufiger von Gewalt betroffen: So wurden 2013 Pflegekräfte 1.725-mal Opfer von Gewalt, 2017 stieg die Zahl auf 2.436 gemeldete Fälle. Laut der Studie des DKI finden körperliche Gewaltvorfälle häufig am Wochenende oder an Feiertagen sowie an Werktagen in der Nacht statt. 40 Prozent der befragten Kliniken geben an, dass Mitarbeiter sich in therapeutische Behandlung nach einem Übergriff begeben haben. Eine Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters tritt bei 51 Prozent der Krankenhäuser auf. Deutlich öfter gibt es Sachschäden, ohne, dass jemand körperlich zu Schaden gekommen ist (71 Prozent).
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