SPD-Fraktion blockiert Cannabisgesetz

Berlin – Die SPD-Bundestagsfraktion blockiert die ursprünglich für kommende Woche angesetzte Abstimmung über das Cannabisgesetz (CanG). Der aktuelle Zeitplan könnte dennoch gehalten werden.
Unmittelbar vor dem geplanten Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens herrscht in der SPD weiter Uneinigkeit über die Pläne der Bundesregierung zur kontrollierten Freigabe von Cannabis. Anders als zuvor erwartet, findet sich das Gesetz nicht auf der Tagesordnung des Bundestages für die kommende Sitzungswoche.
Der Bundestagsabgeordnete Dirk Heidenblut, Berichterstatter der SPD-Fraktion für das Thema, erklärte bereits am Wochenende in sozialen Medien, dass eine Abstimmung im Bundestag an seiner eigenen Fraktion gescheitert sei.
Sowohl Heidenbluts Parteigenosse und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach als auch die Sprecherinnen und Sprecher sowie die Berichterstatterinnen und Berichterstatter der Fraktionen hätten bereits eine Einigung herbeigeführt.
„Aber sie muss auch immer am Ende in den Fraktionen abgesegnet werden“, schrieb Heidenblut auf Instagram. „Und wenn eine Fraktionsspitze, hier die der SPD, Bedenken hat, dann kann noch nicht aufgesetzt werden.“ Letztlich gelte das aber für jedes Gesetz zum Zeitpunkt der Verkündung. Es stehe unter diesem Vorbehalt, da eine Einigung immer zuerst auf Fachebene erfolge.
„Es gab zu keinem Zeitpunkt eine Einigung mit den Innenpolitikern der SPD-Fraktion“, betonte demgegenüber Sebastian Fiedler, der für die Sozialdemokraten im Innenausschuss des Bundestages sitzt, im Nachrichtenmagazin Der Spiegel.
Neben Kritik an verschiedenen Lockerungen wie geringeren Mindestabständen, die Koalitionspartner von Grünen und FDP über Änderungsanträge in den Gesetzentwurf eingebracht haben, sieht Fiedler vor allem seit Monaten vorgebrachte Einwände bezüglich organisierter Kriminalität nicht berücksichtigt.
So hatte Fiedler bereits im April im SPD-Blatt „Vorwärts“ erklärt, die kontrollierte Cannabisfreigabe könne zu einem faktischen Kontrollverlust des Staates gegenüber der organisierten Kriminalität führen und den Schwarzmarkt letztlich stärken, statt ihn wie erhofft zu schwächen.
So sei bei größeren Funden durch die Polizei angesichts des legalen Anbaus kaum noch herauszufinden, woher das Cannabis stammt, also „von der Mafia, aus dem eigenen Anbau zuhause oder aus den ‚Cannabis-Clubs‘“, wird er zitiert. „Das heißt, wir schaffen wirklich paradiesische Zustände für die Organisierte Kriminalität. Der Anbau in Privatwohnungen kann problemlos mehrere hundert Tonnen im Jahr erreichen. Kontrollieren können wir davon nichts.“
Es werde für Ermittler in vielen Fällen schlicht nicht mehr möglich sein, nachzuweisen, dass es nicht aus legalen Quellen stammt. „Wenn der Staat die Kontrolle faktisch aufgibt, könnte der Schwarzmarkt größer werden und nicht kleiner“, warnte Fiedler.
Heidenblut zeigt sich jedoch optimistisch und betont im Einklang mit der amtierenden Vorsitzenden des Bundesgesundheitsausschusses, Kristen Kappert-Gonther (Grüne), dass das angestrebte Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. April auch dann noch möglich ist, wenn es erst im Januar 2024 in den Bundestag geht.
„Wir sind auf der Zielgeraden und guter Dinge, den Gesetzentwurf zeitnah im neuen Jahr im Bundestag zu verabschieden“, beteuern auch die stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Schmidt und Dirk Wiese.
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